Frauenchiemsee – Alles ist wieder wie vor der – ja noch nicht beendeten – Pandemie, die Fahrt über den Chiemsee und die Rückfahrt im Abendrot und der Beginn der Herrenchiemsee-Festspiele auf Frauenchiemsee mit Musik von Bach mit dem Orchester der KlangVerwaltung.
Anscheinend war die Freude über den Neustart der Festspiele so groß, dass der Dirigent Reinhard Goebel das Orchester zu Dauerüberschäumen antrieb, zur bisweilen sogar krawalligen Daueraufgeregtheit: Bach brachial im Sauseschritt.
Vom Dirigenten
auf Vollgas gehalten
Selbst die beiden Violinsolisten in Bachs Doppelkonzert (Rebekka Hartmann und Önder Baloglu) spielten mit viel Körperarbeit, vom Dirigenten ständig auf Vollgas gehalten, selbst im eigentlich ruhigeren Largo. Das Vollgas passte dann im Finalsatz, in dem Goebel den tänzerischen Gestus des Dreiertaktes fast grimmig betonte. Der stürmische Überschwang wirkte, als ob Rassepferde nach langer Zeit endlich wieder auf die Koppel durften. Das Publikum im Frauenmünster tobte mit Pfiffen und Bravi. Stürmische Aufgeregtheit und Unruhe herrschten auch im Cembalo-Konzert BWV 1059. Große Ruhe erzwang sich dafür der brillant aufspielende Cembalist Max Volpers im Zwischensatz zum Orchester-Pizzicato. Goebel ließ das Dirigieren sein und hörte nur zu: ein seelisches Aufatmen.
Kraftvoll
eingesetzter Sopran
Elisabeth Breuer sang zwei Kantaten: die Reue-Kantate „Mein Herze schwimmt im Blut“ und die Jubelkantate „Jauchzet Gott in allen Landen“. Ihren vollblütigen und oft instrumental geführten Sopran setzte sie sehr kraftvoll und immer mit Hochdruck ein, blieb nicht de- und reumütig, sondern dramatisierte auch die Rezitative, verkündete geradezu freudetrunken „Wie freudig ist mein Herz!“ und jubelte und jauchzte mit strahlenden Spitzentönen.
Den verdienten Applaus teilte sie sich mit der beseelt spielenden Oboe (Jürgen Evers), dem vergnügt pulsierenden Continuo mit Cello (Anja Lechner) und Fagott (Anette Falk) und der sehr geschmackvoll triumphierenden Trompete (Clemens Stahmer-Ilgner).