Kirchliches Schauspiel mit pompöser Musik

von Redaktion

Taverner Consort und Monteverdi String Band präsentieren „Marienvesper“ von Monteverdi

Frauenchiemsee – Andrew Parrott, der Leiter des Taverner Consort, sitzt bescheiden an der rechten Seite und überlässt seinem Taverner Consort die Bühne im Altarraum des Frauenmünsters, direkt vor dem Hochaltar stehen die Monteverdi String Band und The English Cornett and Sackbut Ensemble: bereit für Claudio Monteverdis Marienlob, seine prunkvolle „Marienvesper“. Die Responsorien singen alle, Sänger wie Instrumentalisten, die Sänger treten immer wieder, choreografisch geschult, von der Seite an und ab: ein wahres Theatrum Sacrum, ein kirchliches Schauspiel mit pompöser Musik, das aber weniger als Konzert sondern mehr als Gottesdienst wirkt, so authentisch, so unprätentiös ist alles. Über allen schwebt im Altarbild die selige Irmengard – am Schluss möchte man fast mitbeten.

Die Marienvesper wird im Programmheft als „die größte geistliche Musik vor Bachs h-Moll-Messe“ beschrieben. Als solche präsentiert sie sich auch hier, die ganze Bandbreite der musikalischen Formensprache seiner Zeit demonstrierend, traditionelle Vokalpolyphonie, freie ariose Sologesänge, Echo-Effekte und Lautmalereien. Die Sänger singen alle durchaus klangvoll, aber immer mit leichter, unforcierter Stimmgebung, mit festlicher Freude und durchaus italienisch klangsinnlich, die dissonanten Akkorde halten sie so konsequent durch, dass sie doppelt herbsüß klingen, alles ist voll von festlicher Freude und mit gelingendem Überwältigungswillen, alles ist rhythmisch beschwingt bis richtig swingend und alle gleiten in die vielen Rhythmuswechsel. Vielleicht geht alles noch klanggewaltiger, aber kaum schöner. In „Nigra sum“ wiegt sich der Tenor weich in den Fiorituren, ein Tenorsolist besingt in „Audi coelum“ fast liebevoll-verliebt „Maria virgo illa dulcis“, das heißt: diese süße Jungfrau Maria, mit innig-weicher und wohltuend die Register verblendenden Stimme, dazu kam das Echo von irgendwoher: ein zauberhafter Effekt. Die Stimmen der zwei Sopransolistinnen im berückenden Zweigesang des „Pulchra es“ schwirren ätherisch, sie können beim Singen die Klangfarbe ihrer Vokale verändern. Der Schluss des „Magnificat“ ist herzerhebend in seiner immer mehr gesteigerten Klangpracht und wäre der eigentliche Schluss – aber Andrew Parrott hat das „Duo Seraphim“, eigentlich die Nr. 7, an den Schluss gestellt. Zuerst stimmen da zwei, dann drei Seraphim, also Engel, das Sanctus an, hier sind es drei Tenöre, die sich einen betörend schönen seraphischen Wettgesang liefern. Nicht zuletzt dies bewirkt einen Begeisterungssturm bei den Zuhörern, die spontan aufspringen, rufen und endlos applaudieren. Ein erster Höhepunkt der Festspiele ist erreicht. Rainer W. Janka

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