Herrenchiemsee – Neben den Opernmusiken von Claudio Monteverdi gehören die von Henry Purcell wegen der kühnen Harmonik zu den aufregendsten der Barockzeit. Aufregend, anregend und geradezu erregend erklang diese Musik im siebten Konzert der Herrenchiemsee Festspiele im Spiegelsaal, der – wenn auch nachgebautes Barock – mit seinen überreichen Stuckaturen genau passend für diese an Formen überreiche Musik ist. Unter dem Titel „Glorious Revolution“ versammelten sich zahlreiche Arien und Musiken in verschieden thematisch bezeichneten Abschnitten.
Fußstampfendes
und dissonantes Spiel
Es spielte das Barockorchester La Folia unter der Leitung des Geigers Robin Peter Müller. „Folia“ heißt im Italienischen ursprünglich „lärmende Lustbarkeit“ und wurde zu einer Tanzbezeichnung – so spielten die Musiker auch: in Kriegs- und Sturmmusiken wie in der „Battalia“ von Heinrich Ignaz Franz Biber fußstampfend dissonant und atonal lärmend, wild-eruptiv, aber auch zart mit lieblichen Blockflötenklängen und fast nicht mehr hörbaren Pizzikati, derb, aber auch fein, fahl, aber auch volltönend, immer aber mitreißend.
Vier Sänger waren aufgeboten: Julia Böhme mit dramatisch flammendem Alt, den man gerne öfter solistisch hätte hören mögen, Richard Resch mit einem sehr beweglichen, aber auch kräftigen Tenor und Nikolay Borchev mit einem wendigen Bariton, der für die hochexpressiv gesungene „Frost“-Arie aus „King Arthur“ mit seinen tremolo-artigen Tonrepetitionen ein bisschen mehr Frost-Schwärze in der Stimme gebraucht hätte. Die hatten dafür die Streicher mit hart angerissenen Saitenklängen. Den Löwenanteil an Arien hatte Anna Prohaska. Sie sang ihre Arien nicht nur, sie durchlebte sie, oft die Melodiebögen mit Gesten nachbildend und unterstreichend, ihren klaren Sopran oft instrumental vibratolos führend.
Schmerz der
Verlassenheit
In der Arie „O let me forever weep“ aus „The Fairy Queen“ steigerte sie den Schmerz der Verlassenheit fast bis zum melodischen Schrei, die berühmte Verlassens-Arie „When I am laid“ aus „Dido and Aeneas“ reicherte sie mit Verzierungen an und wetteiferte mit den hinschmelzenden Geigen um den schönsten Schmerzausdruck.
Hämisch-grell lachten die Vier als Hexen in der Hexenszene aus „Dido and Aeneas“, vergnügt-fies versuchten sie in „Hither, this way“ aus „King Arthur“ mit verwirrendem Singen die Briten in die Irre zu führen. Genauso vergnügt, aber fast tanzend-flott musizieren alle als Zugabe diese Arie in einer modernen Jazz-Version, angeführt vom beschwingt swingenden Cembalo.