Tollkirschenmarmelade zum Frühstück vor der Musterung

von Redaktion

Im Klangbuch „Ois ned glong“ erzählt Erwin Rehling Geschichten seiner Landjugend zwischen Rieden und Soyen

Wasserburg – Erwin Rehling ist Perkussionist und Geschichtenerzähler aus Leidenschaft. Sein neues Klangbuch „Ois ned glong“ spannt den Bogen zwischen beiden Passionen. Der Künstler stellte jetzt sein Werk mit Anekdoten und Rhythmusimpressionen im Bauernhausmuseum in Amerang vor.

„Ois ned glong – Eine Landjugend“ heißt Erwin Rehlings soeben erschienenes Solo-Projekt. Und der Titel ist Programm. Es sind vertonte, biografische Geschichten zwischen Kindheit und dem Erwachsenwerden, meist feinsinnig und heiter, manchmal auch sehr ernst und gelegentlich ein wenig derb, so wie das Leben halt. Sie spielen in den 1960er- und 70er-Jahren zwischen Rieden und der Gemeinde Soyen im Wasserburger Altlandkreis, dort wo der Künstler aufgewachsen ist. Wer die Region kennt und sich an die damalige Zeit erinnert, der weiß, Relings Mitspieler in seinen Anekdoten sind real. Das, was er zwischen seiner vorgetragener Perkussionskunst erzählt, ist „Ois ned glong“. Vermutlich waren auch deshalb so viele Soyener bei der Premierenvorstellung zugegen. Denn zu erzählen wusste Erwin Rehling jede Menge vom Leben auf dem Land: Wie er als Taferlbua zur Fahnenweihe beim Bund der Alten seinen Verein nicht mehr gefunden hat bis hin zur attraktiven Lehrerin, die bei den pubertierenden Schulbuben das Blut in Wallung brachte. Auch die Geschichte vom Soyener Jugendzentrum im Hühnerstall, das über seine Gründungsfeier nicht hinauskam, sorgte für heiteres Erstaunen.

Es gab viel Skurriles zu hören, von der Grundschule über die Gymnasialzeit in Wasserburg bis hin zum Abitur. Manches war so unglaublich, dass es gar nicht erfunden sein konnte, wie die Story von der selbstgekochten Tollkirschenmarmelade. Als bei einem von Rehlings Freunden die Musterung anstand, hoffte der auf Untauglichkeit. Und um nicht zum Wehrdienst eingezogen zu werden, damals übrigens nicht gerade ein leichtes Unterfangen, kam dieser auf folgende Idee: Ein Marmeladenbrot mit den giftigen Früchten sollte dabei helfen, an sich lebensgefährlich, aber als Jugendlicher ist man sich eher selten der tatsächlichen Gefahr bewusst. Nicht gerade alltäglich waren auch die von Erwin Reling verwendeten Klang- und Rhythmusinstrumente. David Bowies „Major Tom“ aus dem Song „Space Oddity“ gab es in einer alpenländischen Version mit in passendender Tonhöhe abgestimmten Kuhglocken zu hören. Ebenso kamen ein mit großer Virtuosität gespieltes Natursteinlithophon und eine Bala, ein westafrikanisches Xylophon mit Kalebassen als Resonanzverstärker, zum Einsatz. Dass Erwin Rehling als Perkussionist auch das Schlagzeug perfekt beherrscht, versteht sich ohnehin von selbst.

Wolfgang Janeczka

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