Bruckmühl – Betritt der Besucher derzeit die Galerie Markt Bruckmühl, findet er sich in einem fremden Kulturraum wieder. Unter dem Titel „relocated, Kunst aus Japan“ präsentiert ein japanisches Ehepaar seine Kunstwerke. Yoshio Kuriki, der Ehemann, zeigt Skulpturen und Malerei, während seine Frau Kiyomi als Malerin in Erscheinung tritt.
Beide haben ein Studium an der Aichi University of the Arts absolviert und sind über die Grenzen Japans hinaus durch ihre Ausstellungen bekannt.
Materialien, die wir in solcher Verbindung nicht kennen, bestimmen die Arbeiten von Yoshio Kuriki. Er wurde in eine Familie bekannter Töpfer geboren und lernte früh, die Bedeutung eines keramischen Gefäßes zu erkennen und zu schätzen. Denn in Japan gilt selbst ein schlichtes keramisches Produkt als hohe Kunst, das viel von der Kultur des Landes widerspiegelt. Wir finden erlesene Gefäße in der Teezeremonie oder in der Ikebana-Gestaltung. Mit seinem Vater und seinem Bruder arbeitete Yoshio im Sinne der traditionellen Töpferkunst, bis er seinen eigenen Weg suchte. Er begann, das Material Keramik mit dem Werkstoff Eisen zu verbinden und damit sich selbst und dem Betrachter neue Sichtweisen abzuverlangen. Keramik als höchst zerbrechliches Material stellt dem robusten Eisen überraschende Stärke entgegen. Ungewöhnliche Formen gibt Yoshio Kuriki seinen Skulpturen, aber es ist viel Tradition und Gedankengut darin verborgen. So steht niedrig auf dem Boden eine Figur aus drei keramischen Elementen in langgezogener Rundform, alle drei mit einem eisernen Ring versehen und zusammengefasst. Der Künstler erklärt, dies sei eine reduzierte, stark vereinfachte Darstellung von Reissäckchen, wie sie in den Schreinen Japans traditionell als Dank für eine gute Ernte abgelegt werden – auch die originalen Säckchen mit Bändern verschnürt. Ebenso erzählt ein weiteres Objekt – aus Keramik und Papier gestaltet – von japanischer Tradition. Das Objekt ähnelt einer Vase, ist im Kern aus Keramik und wurde mit Japanpapier in mehreren Schichten überklebt. Die Oberfläche erhält schließlich eine Endbehandlung mit Gofun, einer aus Muschelschalen hergestellten perlweißen Farbe. Die Muschelschalen werden zu feinem Mehl zerstampft und in einem langwierigen Prozess zu strahlend weißen Partikeln verarbeitet. Durch Zufügen von Wasser entsteht schließlich eine streichfähige Paste, die einen leichten Glanz besitzt. Der Umgang mit Materialien aus der Erde oder von ihrer Oberfläche gibt die Haltung der Menschen in Japan zur Natur und Umwelt wieder: Achtsamkeit und Respekt werden gepflegt.
Kiyomi Kuriki gestaltet ihre Sicht auf die Welt in Bildern. Öl auf Leinwand ist ihr Medium, und ohne große Variationen gelingt es ihr, aus Ornamenten immer neue Ansichten entstehen zu lassen. Ein großes Bild ist exemplarisch für weitere: vom oberen bis zum unteren Bildrand scheint in ungebändigtem Fluss Wasser herabzuströmen, Wasser, das auf Widerstand stößt und zurückspringt. Sowohl im Fall als auch beim erneuten Hochspritzen bildet es Formen in unendlicher Vielfalt. Man glaubt, Lichter in dem Wasservorhang aufblitzen zu sehen, ein Fächer faltet sich auf und Vorhänge aus Eis scheinen im Bild zu schweben. Die Darstellung ist durch den Bildrand beschnitten, könnte aber im Auge des Betrachters ins Unendliche weitergehen. Immer wieder gestaltet die Malerin Ähnliches, in Öl auf Leinwand und in einer beinahe gleichen Farbauswahl. Viel Weiß, mehr noch Grau und wenig Schwarz bestimmen die Farbigkeit, und es ist verblüffend, wie variantenreich diese mit Absicht eingeengte Farb- und Gestaltungsauswahl ausfällt. Und dann die Titel: „Wolkenspiegel“, „Aschene Gesichter“, „Ein Wald“, „Unter Wasser“ und immer wieder „Szenen aus alten Erinnerungen“. Kiyomis Bilder vermitteln einen Einblick in mögliche seelische Zustände, Gefühle werden evoziert und im Bild festgehalten.
Und da liegt die Verbindung von Yoshio und Kiyomi Kurikis Arbeiten: Beide berühren sie auf ihre Weise die Fundamente menschlichen Fühlens und Denkens.