Rosenheim – Serge Dorny, der Generalintendant der Bayerischen Staatsoper, war persönlich bei „Oper für alle“ in Rosenheim, dem Auftakt der Opern-Saison. Wir von den OVB-Heimatzeitungen haben ihn danach gefragt, wie er diese Veranstaltung empfunden hat und was er alles unternimmt, um mehr Menschen für die Kunstform Oper zu begeistern. Er zumindest ist sehr begeistert und sprüht vor Ideen.
Herr Dorny, leider hat „Oper für alle“ in Rosenheim in Kühle und Regen stattgefunden. Wie haben Sie dieses Opern-Open-Air erlebt?
Aber trotzdem waren viele da, wir schätzen, dass es ungefähr 1500 Menschen waren. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, die Bürgerinnen und Bürger in Rosenheim zu begrüßen. Die Atmosphäre war unglaublich, es waren viele neue Gesichter für uns. Ich bin sicher, für viele Menschen war es die erste Begegnung mit klassischer Musik und mit der Bayerischen Staatsoper. Ich habe mir selbst vorgenommen, mich mit den Menschen zu unterhalten, die da waren. Wir auf der Bühne haben die herzliche Wärme erfahren können: Diese Aktion war wirklich großartig.
Sie möchten ein „breiteres Publikum“ gewinnen.
Ich will, dass Oper, Musik und Theater ein breitestmögliches Publikum erreichen. Wir haben ein tolles Stammpublikum, das wirklich begeistert ist und uns seit Jahren schon begleitet. Aber es ist wichtig, dass die ganze Stadtgesellschaft daran beteiligt ist. Mir ist es ein großes Anliegen, dass wir immer im Zentrum der Gesellschaft stehen und die Gesellschaft mitgestalten. Dafür ist wichtig, dass wir immer kommunizieren können mit dem breitestmöglichen Publikum.
Sie haben dafür eine Menge an Veranstaltungen um die Oper herum ins Leben gerufen, unter anderem „Mitsingkonzerte“. Was ist das und wie sind sie gelaufen?
Wir machen zum Beispiel Pop-up-Oper: Plötzlich kommt ein Sänger und fängt an, mitten in einem Einkaufszentrum zu singen. Wir machen Mitsing-Konzerte: Wir haben die Menschen eingeladen, mit dem Staatsopernchor mitzusingen, z. B. „Va pensiero“ aus „Nabucco“ oder einen Chor aus dem „Lohengrin“: Musik kann Menschen zusammenbringen! Musik kann Menschen dazu bringen, etwas gemeinsam zu erleben, gemeinsam Emotion zu entwickeln.
Unter dem Titel „Schule & Co“ wollen Sie mehr Jugendliche und Kinder in die Oper locken und haben auch dafür das Tanztheater „Wie der Fisch zum Meer fand“ in der Parkettgarderobe des Nationaltheaters veranstaltet. Wie war’s?
Kinder sind ja so offen, sie reagieren spontan, das ist etwas Unglaubliches. Nichts bei ihren Reaktionen ist formatiert. Es ist ja auch unser Publikum von morgen! Die werden sich später daran erinnern und kommen ab einem gewissen Alter, nach anderen Prioritäten, wieder.
Möchten Sie dies im Laufe Ihrer Amtszeit noch intensivieren?
Natürlich, das ist eine unserer Prioritäten. Wir arbeiten mit den Schulen, mit Vereinen, mit Flüchtlingen. Wir interessieren uns für die Gesellschaft in ihrer Verschiedenheit. Wir wollen fast eine politische Rolle spielen, politisch im wörtlichen Sinne, nämlich „polis“, die Stadtgesellschaft. Und dann gibt’s am 20. September ein viergängiges „Bühnendinner“, dessen Erlös für das Nachwuchsprogramm „Kind & Co“ verwendet wird. Das ist schon ausverkauft. Die Idee ist, verschiedene Male im Jahr eine Aktion zu organisieren, um Spenden zu sammeln für die Vermittlungs- und Nachwuchsarbeit.
Sie halten die Kunstform Oper immer noch für eine Kunstform, die uns etwas zu sagen hat?
Natürlich, sonst würde ich nicht machen, was ich mache. Die Operntexte haben alle ihre Aktualität und können immer neu dargestellt werden. Ich glaube wirklich, dass Oper für unsere Gesellschaft etwas zu vermitteln hat. Ich habe keine Nostalgie für die Vergangenheit, aber Nostalgie für die Zukunft.
Sie haben in Brüssel gewirkt, in London und in Lyon. Welchen Stellenwert hat München in Ihrer künstlerischen Laufbahn?
München ist eine unglaubliche Stadt. Ich fühle mich sehr privilegiert, für die Bayerische Staatsoper arbeiten zu können. Es ist ein großartiges Haus mit großer Geschichte. Das Engagement, die Leidenschaft aller Mitarbeiter ist unglaublich. Und ich hoffe, dass wir diese Energie und diese Dynamik vermitteln können.
Möchten Sie öfter außerhalb Münchens konzertieren?
Wir waren letztes Jahr in Ansbach, heuer in Rosenheim, das werden wir weiter machen. Auch das Opernstudio mit zwölf Nachwuchssängern ist jedes Jahr mehrmals im Land. Das wird weiterentwickelt.
Interview: Rainer W. Janka