Stimme und Saiten verschaffen Gänsehautmomente

von Redaktion

Enji und Paul Brändle eröffnen Konzertsaison im „Le Pirate“ – Beeindruckende Bandbreite von Bossa Nova bis Swing

Rosenheim – Das „Le Pirate“ hatte im Hochsommer einen großen Erfolg mit der Open-Air-Woche, denn sowohl Wetter, Programm und Publikumszuspruch gingen Hand in Hand. Und jetzt, nach kurzer Schaffenspause, hieß es „Bühne frei“ für den Auftakt der Konzertsaison im kleinen Club. Ein Duo, das bereits vor Jahren schon im „Le Pirate“ gastierte, durfte den Reigen eröffnen: die aus der Mongolei stammende Sängerin Enji, mit vollem Namen Enkhjargal Erkhembayar, und der Kemptener Jazzgitarrist Paul Brändle, musikalischer Begleiter von Rick Hollander, Claus Reichstaller und Lehrbeauftragter an der Musikhochschule München.

Herbstliche Stimmung und leise Töne herrschten vor bei diesem wunderbaren, poetischen Duo-Konzert im gut besuchten Club. Enji sorgte mit ihrer glasklaren Stimme und präziser, aufnahmereifer Intonation immer wieder für Gänsehautmomente, brillierend in der Fülle der Tonleiter und besonders in den Höhen. Feinfühlig dazu die Gitarrenbegleitung Brändles, dem es in seinem Spiel nie um Effekte geht, sondern um filigrane Nuancen, um kleine feine Tendenzen in der Saitenkunst auf der halbakustischen, wohlklingenden Gitarre. Im Mittelpunkt des Konzerts standen hauptsächlich Eigenkompositionen des Duos, aber auch ein paar gut ausgewählte Jazz-Standards.

Von kleinen Momenten, die das Leben wunderschön machen, erzählte Enji gesanglich im Lied „Horn“, dem allerersten Song der beiden als Duo. Mehrfach wechselte Enji von jazzigen Scat-Improvisationen zu folkloristisch anmutenden Gesängen in der Tradition ihrer mongolischen Heimat, melodiös unterstützt von Brändle. Manchmal astral im Stil vielleicht einer Kate Bush, dann wieder stärker geerdet und traditionell – die Lieder bargen so einige Überraschungen und Wechsel. Groovig und lässig ging es mit dem Jazzstandard „Come rain, come shine“ in die Pause, um mit einem Stück von Jimmy Dorsey wieder zurückzukommen.

Die enorme vokalistische Bandbreite zeigte sich in unkonventionellen Eigenkompositionen und stilistischen Anleihen bei Bossa Nova oder der Musica popular brasileira, in Stücken Paul Brändles wie „Erleichterung“ und „Pictures“, in einem an das Auf und Ab von Atlantikwellen erinnernden Sound. In den leisen Stücken traute man sich nicht, einzelne Passagen zu beklatschen, dafür gab es aber reichlich Applaus zwischendrin. Enji spielte in ihrer Moderation auf die reiche Gesangstradition ihrer Heimat an und erzählte vom Singen in der Jurte, dem sie ein spezielles Lied widmete. Jazzig kann sie aber auch, und so beendete das Duo mit einem swingigen Titel von George Gershwin als Zugabe seinen feinen Auftritt. Andreas Friedrich

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