Wie ein Satellit um die „Welt von Gestern“ kreisen

von Redaktion

Konzertlesung zu den Briefen von Franz und Maria Marc gibt Einblicke in Kunstszene des frühen 20. Jahrhunderts

Bad Aibling – Der Aiblinger Michael Stacheder absolvierte eine Schauspielausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule und sammelte nachfolgend Erfahrungen mit Regiearbeit bei zahlreichen Schauspielen. Darüber hinaus entwickelte er mehrere Literaturprogramme mit Texten von Franz Kafka, Max Mannheimer und Stefan Zweig. Bereits seit Längerem in Arbeit war eine Konzertlesung, die den Briefwechsel von Franz und Maria Marc zum Inhalt hat: „Ich will Dich an der Hand führen, um Dir die Wunder der Welt zu zeigen“. Mit den OVB-Heimatzeitungen hat Stacheder über seine Beweggründe für dieses literarisch-musikalische Projekt gesprochen.

Was hat Sie zu der intensiven Beschäftigung mit Franz und Maria Marc geführt?

Die Epoche zwischen 1900 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs nimmt in meiner künstlerischen Arbeit einen großen Raum ein. So beschäftige ich mich bereits seit vielen Jahren mit dem Leben und Werk Stefan Zweigs, dem großen literarischen Flaneur dieser Zeit, insbesondere mit seiner Autobiografie „Die Welt von Gestern“. Und so lag es für mich nahe, die Briefe von Franz und Maria Marc für eine Lesung zusammenzustellen, denn auch die erzählen von der „Zeit der Umbrüche“ vor dem Ersten Weltkrieg, ähnlich wie Stefan Zweig in seinen Lebenserinnerungen. Dieses besondere musikalische wie literarische Projekt kreist wie ein Satellit um die „Welt von Gestern.“

Es handelt sich bei Ihrer Veranstaltung um eine Konzertlesung. Was erwartet die Besucher?

Zusammen mit meiner Kollegin, der Rosenheimer Schauspielerin Anna März, lese ich aus den Briefen und Postkarten, die sich das Künstlerpaar zahlreich von 1905 bis 1916 schrieb. Wir erzählen dabei auch von den lebhaften Anfängen des Blauen Reiters, einem der wichtigsten Künstlerkreise des Expressionismus, dem neben Wassily Kandinsky und Gabriele Münter auch August Macke sowie Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky angehörten. Der Zuhörende erhält dabei einen unverstellten Einblick in das gesellschaftliche Leben und in die Kunstszene zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Begleitet werden wir dabei kongenial vom Trio Anheizholz, das mit seinen Interpretationen der Musik von Franz Schubert, Leoš Janácek oder Arnold Schönberg einen Klangraum für die Lebensgeschichte von Franz und Maria Marc schafft.

Sie führen dieses Projekt, das von hoher Aktualität ist, hier in Bad Aibling zum ersten Mal durch, haben aber andernorts bereits damit auf der Bühne gestanden.

Unsere Konzertlesung erlebte ihre Premiere im Herbst 2020 im Franz-Marc- Museum in Kochel und inzwischen konnten wir den Abend auch in Berlin oder in Miesbach aufführen. Aktueller denn je wirken besonders die Briefe aus der Zeit zwischen 1914 und 1916. Sie werden beim Zuhören unweigerlich zum Spiegel unserer Gegenwart. So entwickelt sich dieser Abend auch zu einem eindringlichen Plädoyer gegen den Krieg und setzt ein Zeichen für Völkerverständigung und für den Frieden.

Interview: Ute Bößwetter

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