Auf die Frage eines Gastes, ob am Tisch einer bekannten Münchner Gastwirtschaft noch ein Platz frei wäre, antwortet Stammgast Markus Spötzl auf gut Altmünchnerisch: „Ja freile! Sitz di hera, dann sanma mehra!“ Darauf der neue Gast zu seinen Begleiterinnen und Begleitern: „Do iss gmiadli. Do hoggma ins zuwi! (hinzu)“.
Ein bairischer Sprachforscher, der ebenfalls am riesigen Holztisch sitzt, hat sofort die Unterschiede der bairischen Ausdrucksweisen bemerkt und fragt die beiden Herren, woher sie denn gebürtig seien.
Der Stammgast gibt Auskunft: „Gestatten: Markus Spötzl. I leb scho a ganze Zeit lang, fast siwadsg Jahr in Münchn, stamm aber aus der Gegend um Dettendorf.“ Der neue Gast, der sich als Martin Impler vorstellt, ist der Vorstand des Gebirgstrachtenvereins Edelweiß Dettendorf/Kematen.
Er antwortet lächelnd: „Erschdns schaung Sie ned aus wiara 90-Jähriger, Herr Spötzl, und zwoatns hod’s bei ins den Nam ‚Spötzl‘ noo nia ned geem. Haan Sie a Zuagroasda gween?“ Da lacht der Markus laut auf und sagt, er sei schon viele Jahrzehnte nicht mehr „in Dettndorf“ gewesen und bittet Martin Impler, Neuigkeiten aus seiner Heimat zu berichten.
„Z Dendorf“ – man beachte die unterschiedliche Aussprache –„hod si ganz vui doo! Do schaunS amoi her!“. Er zeigt dem Markus einen Artikel aus dem Mangfall-Boten vom 13. September, in dem der Abschluss des Dettendorfer „Dorf-Erneuerungs-Projektes“ gewürdigt wird. Aber schon beim zweiten Absatz kommt dem Markus ein lauter Lacherer aus: „Pfarrei von Au und Kematen-Dettendorf! An der A8 gelegen! Jetzt glaawis awa! Mei Geburtsort is bei Lampferding und Emmering!“
Jetzt kommt der Sprachforscher ins Spiel. Er weiß zu berichten: Beide „Dettendörfer“ gehören seit 1972 zum Landkreis Rosenheim. Martin Implers Dettendorf lag im Landkreis Bad Aibling, der 1972 aufgelöst wurde, und war bis dahin Hauptort einer eigenständigen Gemeinde, deren Ortschaften teils in die Gemeinde Bad Feilnbach, teils in die ehemalige Kreisstadt Bad Aibling eingegliedert wurden. Markus Spötzls Heimatort war vor der Gebietsreform Teil der Gemeinde Lampferding, die zum Landkreis Ebersberg gehörte.
Aber beide Ortsnamen gehen wohl auf dieselbe Namensgebung zurück: „Totin-dorf“, das heißt: Dorf des Toto. So steht es in einer Besitzübergabe (Tradition), die zwischen den Jahren 881 bis 994 für das Dettendorf bei Lampferding erfolgte. In späterer Zeit veränderte sich der Name über Tetindorf (994-1005), Toetendorf (1315), Tötendarff (1417), Tettendarff (1524), Tettendorf (1671) bis zur heutigen Sprachform Martin Implers Dettendorf ist erstmals zwischen 1078-1091 und ebenfalls als Totindorf erwähnt. Die Lautentwicklung verlief ganz ähnlich: Das I in Totindorf bewirkte die Umlautung zu e, t wurde zu d abgeschwächt. „Übrigens, Markus: In deinem Dettendorf sagen die Leute auch heute noch: Dendorf! Auch: Dendarf! Bist hoid scho a richtiga Münchner worn.“
Armin Höfer