Erl – Richard Strauss wollte, dass seine symphonische Dichtung „Ein Heldenleben“ und der als burleskes Gegenstück parallel entworfene „Don Quixote“, also die musikalische Schilderung eines tragikomischen und eines tragischen Helden, möglichst gemeinsam gespielt werden, – „eine Forderung, die sich sehr selten realisieren lässt“, resümiert der Musikwissenschaftler und Dramaturg Hartmut Becker. Die Tiroler Festspiele Erl gestatten sich diesen Luxus im dritten der „Erntedank-Konzerte“. Luxuriös ist auch die Orchesterbesetzung von dreifachen Holzbläsern und acht Hörnern über eine Windmaschine, Tamburin und dann gleich zwei Harfen: Das Festspiel-Orchester füllt die ganze Bühne. Weich und sanft, glitzernd und gleißend, opulent und farbenreich, zwischendrin, beim Ritt durch die Luft auf dem Zauberross, wie verlangt schnarrend und durch die Windmaschine pfeifend und dann wieder schwelgerisch breit klingt das Orchester unter der Stabführung von Erik Nielsen bei „Don Quixote“. Don Quixote ist dem Solo-Cello anvertraut, Sancho Pansa der Solo-Bratsche. Maximilian Hornung kostet am Cello das ironisch-verschmitzte Hauptthema mit seiner chevaleresken Rhythmik genüsslich aus, erzählt richtig mit seinem Instrument, bringt feinstes Flageolett und ist, bei aller Virtuosität, die dieses veritable Cello-Konzert verlangt, überhaupt äußerst kantabel. Köstliche Dialoge liefert er sich mit der Basstuba und dem Kontrafagott und schmiegt sich sonst wohlig in den farbig schillernden Orchesterklang ein. Marcello Manfrin spielt seine Bratsche fein und subtil, fast zu fein für den derben Diener Sancho Pansa. Cello und Bratsche zusammen dialogisieren aufs Beste. Das Es-Dur-Thema des Helden im „Heldenleben“ lässt Nielsen sich heroisch aufschwingen – aber er begegnet dem wilhelminisch auftrumpfenden Pomp mit Geschmack und Eleganz. Die Widersacher des Helden – wohl die Kritiker von Strauss – erscheinen als herumschwirrende keifende Giftzwerge mit scharfen Flöten, schnarrenden Oboen und meckerndem Englischhorn: So verlangt Strauss es in den Noten. Der Konzertmeister präsentiert mit seiner improvisatorisch ausschweifenden Violine die schöne, aber auch kapriziöse Gefährtin des Helden, die sich umwerben lässt. Die Ferntrompeten künden dann den Kampf an, die vom Schlagzeug munitionierte Schlacht führt mit orchestraler Urgewalt zum alles überstrahlenden Sieg des Helden. Mit sicherer Hand führt Erik Nielsen das Orchester durch diese Klangschlacht und das doch recht zahlreiche Publikum begrüßt das mit einem Applaussturm. Eine abschließende Frage drängt sich denn doch auf: Große, ja riesengroße Orchesterwerke standen auf dem Programm der Erntedankkonzerte, die sonst eher leichtere Kost verabreichten: Wenn die schon in der Nebensaison solche schweren Geschütze auffahren, was wollen sie dann noch im Sommer spielen? Rainer W. Janka