Aschau – Man nehme acht Studenten für Oboe, zwei Oboen-Lehrmeister, dazu ein anspruchsvolles, opulentes Programm aus fünf Jahrhunderten und schon ist das Meisterklasse-Abschlusskonzert in Sachrang angerichtet. Ein buntes Potpourri, bei dem die Schüler sich im ersten Teil solistisch hervortaten, zuweilen umsichtig unterstützend, aber auch fordernd und souverän-elegant begleitet von Aya Ishihara am Klavier beziehungsweise Cembalo. Fidel Fernandez Moraleja (Spanien) glänzte mit Kantabilität, mit schlankem Oboenton und meisterlich ausgestalteten Prallern und Trillern bei Johann Sebastian Bachs (1685 -1750) Sonate in g-Moll Bach-Werke-Verzeichnis (BWV) 1031 b. Rui Cai (China) verzauberte mit zarten Klängen selbst bei hohen Tönen in einer Romanze op. 22 von Clara Schumann (1819 bis 1896). Das Konzert für Oboe und Orchester (hier Klavier) von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) boten die beiden spanischen Instrumentalisten auswendig im spannungsreichen Dialog mit dem Klavier dar. Carlos Ramos Castro brillierte beim allegro aperto Satz und Miriam Caballero Mateos im gefühlvollen andante-Satz. Maja Delzeith (Deutschland) gestaltete den moderato-Satz aus dem Konzert für Oboe und Orchester (Klavier) von B. Martinu (1890 bis 1959) ausdrucksstark, böhmische Anklänge, mit Kern im Ton und dennoch sauber in der Artikulation. Lucas Martinez Riaza (Spanien) bot zwei Fantasien – reichhaltig gespickt mit Verzierungen und Läufen und finalem allegro – von Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) sehr ansprechend dar.
Mit Heinz Holligers (geb. 1939) Sonate für Oboe-Solo stellte sich Tommaso Gasparoni (Italien) vor, ein kapriziöses, anspruchsvolles Stück, das der junge Student hochkonzentriert und dennoch scheinbar mit Leichtigkeit meisterte. Im zweiten Teil ging es weiter mit Duetten und Terzetten. Ludwig van Beethovens (1770 bis 1827) Variationen über „la ci darem la mano“ trieb Mozarts bekanntes Duett aus der Oper „Don Giovanni“ zu ungeahnter Spitze.
Tommaso Gasparoni, Carlos Ramos Castro und Maja Delzeith am Cor Anglais reichten dabei einander nicht die Hände, sondern die Töne – punktiert, figurierend, imitierend und kanonartig polyphon mit warm klingenden Instrumenten. Ein flott-tänzerisches, verjazzt anmutendes Allegro aus „Drei Zwiegespräche für Oboen“ von Richard Rodney Bennett (1936 bis 2012) präsentierten Hector Rosado Roberto (Mexico) und Miriam Caballero Mateos. Es war reine Wonne, den beiden jungen Meisterstudenten beim Zwiegespräch zu lauschen. Lucas Martinez Riaza und Carlos Ramos Castro harmonierten beim allegro-Satz aus einem Duett für zwei Oboen von Francois Renè Gebauer (1773-1845) vorzüglich miteinander, wechselseitig kosteten sie Kantabilität und Spritzigkeit aus. Das Trio für zwei Oboen (Fidel Fernandez Moraleja und Rui Cai) und Cor Anglais (Maja Delzeith) von Ludwig van Beethoven ließ an Spielfreude – herrlich singendes andante und ein flottes Finale presto – nichts zu wünschen übrig. Auch die beiden Lehrmeister, Professor Hansjörg Schellenberger und Ramon Ortega Quero, ließen es sich nicht nehmen, sich an ihren Instrumenten hervorzutun.
Mit brillianter Lebendigkeit und beredter Frische im moderato, melancholisch-edlen, singenden und biegsamen Oboentöne im larghetto, gefolgt von einem spritzig-frischen und flotten vivace, servierten die beiden „Alt-“Meister das Duett Nummer 1 in e-Moll von Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784). Meisterliche Klänge – und doch brauchte sich der Nachwuchs nicht zu verstecken. Alle jungen Oboen-Spieler ließen ihre Instrumente strahlen und leuchten. Dazu das souveräne Auftreten und das bravouröse Spiel mit Ausdruckskraft, technischer Raffinesse und Tonschönheit – ein Konzert der Meisterklasse. Elisabeth Kirchner