Neubeuern – Ziemlich viele Leute trafen sich bei der Vernissage der Ausstellung „Ziemlich viele Leute“ in der Galerie am Markt in Neubeuern.
Eigentlich sollte diese Ausstellung schon vor zwei Jahren stattfinden, aber, wie die Laudatorin Ulrike Gierlinger bemerkte, wären da wegen der Corona-Pandemie keine Leute gekommen. Ulrike Kirchner, Gründungsmitglied des Künstlerkreises Neubeuern, stellte mit der Tonplastikkünstlerin Helga Zellner aus Rosenheim-Fürstätt eine wirklich sehenswerte Mischung aus zwei- und dreidimensionalen Kunstwerken zusammen, deren Gemeinsamkeit der Blick auf die Menschen ist.
Helga Zellner hat sich ihre Kunst selbst beigebracht. Nachdem sie im Jahr 2004 mit dem Material Ton in Verbindung gekommen ist, sind bereits im Jahr 2005 die ersten Plastiken entstanden. Besonders der Mensch fasziniert sie in all seinen Daseinsformen. Sie erschafft die bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Figuren mit ihrer ganz eigenen Handschrift. Wichtig ist für sie, dass ihre Figuren Fröhlichkeit ausstrahlen. Sie benutzt keine Skizzen und Vorlagen, sondern alle Plastiken entstehen frei aus ihrer Fantasie. Sie erweckt sie mit ihren Händen zum Leben und ist jedes Mal glücklich, wenn sie dem Gesicht einen bestimmten Ausdruck geben kann. So hat jede Figur eine ganz persönliche Note und ist ein Unikat. „Mein Kopf ist so voller Einfälle“, erzählt Helga Zellner, „dass meine Zeit gar nicht ausreicht, um das alles umzusetzen“. So hat sie beispielsweise bei den Plastiken „Kleine Leute“ zuerst einen kleinen Buben modelliert. Der hat ihr selbst so gut gefallen, dass sie gleich viele Buben und Mädchen dazu gemacht hat, die in sich in verschiedenen Situationen wie „Hände in der Hosentasche“, „Zunge rausstrecken“, „Hans-guck-in-die-Luft-Haltung“ wiederfinden. Neben den vielen mondänen und teilweise kessen Damen gibt es auch zwei alte Frauen, die ohne Farbauftrag gefertigt wurden und dadurch einen archaischen Eindruck machen. Mit den Titeln „Sonne und Regen… und …weiß ja nicht wie’s Wetter wird!“ drücken sie aus, wie vorsichtig sie sich im Freien bewegen.
Auch Ulrike Kirchner hat sich ihre Kunst autodidaktisch erschlossen. Aquarellmalerei erlernte sie bei Dr. Madl-Kren in Bruckmühl und übernahm vor 30 Jahren deren Kurse in der Volkshochschule Bruckmühl. Dann kam Zeichnen dazu. Mittlerweile arbeitet sie am häufigsten in Acryl, aber auch immer wieder in Aquarell. Zeichnen ist nach wie vor eine ihrer Lieblingstechniken, ebenso wie Fotografieren. Auch sie malt und zeichnet gerne Menschen. In ihren Collagen kann sie alle Themen und Techniken miteinander verbinden. Die Collagen bestehen aus Fotografien von eigenen Werken, die sie abfotografiert hat. Darunter sind auch Zeichnungen, Stoffe, Papier, Fotografien von Strukturen von Wänden, kombiniert mit eigenen Fotos von Menschen, darüber kommt die eigene Malerei und mit dem Computer bearbeitete Bilder. Zwischen die einzelnen Schichten, in denen gemalt und geklebt wird, kommen verschiedene Wachsschichten und das alles nur mit den Fingern ohne Pinsel. Deshalb sind die Schichten auch etwas rau und die Bilder wirken sehr plastisch und dreidimensional. Das Thema ihrer Bilder sind Menschen in Bewegung, beim Spazierengehen, die unterwegs sind beim Shoppen, auf Reisen, im Straßencafé sitzen, beim Baden. Auf dem Bild „…was gab’s denn da zu sehen?“, aus Aquarell, Acryl, Fotografie und Wachs, sitzt ein Paar am Strand. Der Mann sitzt da mit einem weißen Hut, einem weißen Hemd, weißen Socken und Sandalen und betrachtet mit dem Fernglas etwas. Seine Partnerin neben ihm ist in ein Buch versunken und bemerkt nichts.
Die Ausstellung ist noch bis zum 23. Oktober, jeweils am Freitag von 18 bis 20 Uhr, am Samstag von 14 bis 19 Uhr und am Sonntag von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Edith Riedl