Musik mildert Glück und Trauer

von Redaktion

Ein Barock-Bild inspiriert zu einem zauberhaften Kammerkonzert

Kiefersfelden – Glück und Trauer liegen oft eng beieinander. Nicht oft aber drücken sie sich in Musik aus wie beim Konzert der Reihe „Catacoustic“ im architektonisch wie akustisch schönen Pfarrsaal von Kiefersfelden. Sehr glücklich war die Gambistin Annalisa Pappano, die es von Amerika nach Kiefersfelden-Mühlbach nicht verschlagen, sondern, ob ihrer grazilen Statur, verweht hat, weil sie endlich eine antike sechsseitige Diskant-Gambe aus dem Jahre 1742, eine sogenannte Pardessus de Viole, gefunden hatte. Sie reiste nach Paris und kaufte sie.

Zuhause recherchierte sie nach der Herkunft – und musste, mit Hilfe von Kollegen im Internet, feststellen, dass diese süße kleine Gambe vor 40 Jahren aus dem Musikinstrumentenmuseum in Brüssel gestohlen worden war. Das Geld bekam sie zurück, aber die Gambe muss sie wieder abgeben. Das Konzert in Kiefersfelden war das letzte, in dem Annalisa Pappano ihr Glück genießen durfte. Kurz darauf fuhr sie nach Brüssel, um zuzusehen, wie ihr Glück dort vielleicht für immer in einer Vitrine oder gar im Depot verschwindet. Noch aber ein Glück für die Zuhörer in Kiefersfelden: Wenn Annalisa Pappano diese Pardessus de Viole nur sacht streicht, entfaltet sich ein unglaublich subtiler und farbenreicher Klang, gemischt aus zehrender Sehnsucht und tränenreicher Trauer. Dazu spielten auch Eva Fürtinger Gruber an der Bass-Viola da Gamba und Hans Brüderl an der vielsaitigen Renaissance-Laute. In der „Fantasia Suite“ von John Jenkins konnte man das feinfühlige Zusammenspiel aller genießen, niemand drängte sich vor, alle stellten trotz instrumentaler Individualität den herbsüßen Klang der Diskant-Gambe in den Mittelpunkt.

Zu den Saitenklängen gesellte sich die Sängerin Maria Ploner in Liedern von Louys De Moy, Johann Schop und vor allem von John Dowland aus seinen „Pilgrimes Solaces“, dessen chromatisch absteigenden traurig-schönen Klänge ins Herz trafen. Maria Ploner entzückte mit einem hellleuchtenden Sopran, in dem immer ein Lächeln aufschien. Geschickt dosierte sie jeweils ihre Lautstärke: eine Art Oboenstimme.

Seitlich im Hintergrund stand auf einer Staffelei ein Gemälde des Barockmalers Pieter de Grebber, betitelt mit „Die Musizierenden“. Es zeigt zwei Frauen, einen Mann und zwei Kinder, die genau die gleichen Instrumente spielten wie die echten Musiker vor dem Bild. Eine Frau in Weiß hält ihre Diskantgambe genauso liebevoll auf dem Schoß wie Annalisa Pappano ihre Pardessus de Viole.

Das Bild hatten Jürgen Jung und Raimund Schreiber aus ihrem Barockmuseum Oberaudorf zur Verfügung gestellt. Allerliebst war nun die historische und thematische tönende Verschränkung von Bild und Wirklichkeit. Jung und Schreiber erzählten vom Erwerb und der Restaurierung dieses Bildes – aber leider nicht von der Thematik, nicht vom Farbenspiel von Gold- und Weißgewändern mit der tiefgrünen Samtumrandung, nicht von der ungewöhnlichen Odaliskenhaltung der Lautenspielerin im vielfaltigen Goldgewand, nicht von dem Augenspiel der Musiker oder den lächelnden Mundwinkeln der Gambistin. Man musste sich schon an die ebenso versonnen lächelnde echte Gambistin Annalisa Pappano im eleganten Smoking-Hosenanzug halten.

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