Ein Paris abseits von Eifelturm und Champs Élysées

von Redaktion

Peter Ludwig poetische Dokumentation über die französische Hauptstadt in der Kinowerkstatt des Utopia zu sehen

Wasserburg – Peter Ludwigs neuer Film „Paris“ ist dem Leben und der Kulturszene abseits der Touristenströme in Frankreichs Hauptstadt gewidmet. Entstanden ist eine poetische Dokumentation mit bemerkenswerter Bildsprache über ein Paris, wie es sonst wohl nur Einheimische erleben können.

Peter Ludwig arbeitet als Pianist, Komponist und Arrangeur. Darüber hinaus ist der Musiker auch als Filmemacher sehr aktiv. Mehrere abendfüllende Spielfilme und Dokumentationen zu kulturellen oder auch zeitgeschichtlichen Themen sind unter seiner Kameraführung und Regie entstanden. Für seine künstlerischen Verdienste wurde Ludwig vor wenigen Tagen mit dem Kulturpreis im Jahr 2022 des Landkreises Rosenheim geehrt.

Ludwigs neuer Film „Paris“ porträtiert Leben und Kultur in der französischen Metropole. Ganz bewusst geht er dabei den typischen Sehenswürdigkeiten aus dem Weg. Vielmehr zeigt er die Lebenswelt der Pariser fernab von Louvre, Eifelturm oder der Prachtstraße Champs Élysées. Begleitet wird er dabei von Hans Peter Cloos, einem der wenigen deutschen Schauspieler und Regisseure, denen es gelang, sich im Pariser Kulturbetrieb dauerhaft zu etablieren. Cloos lebt seit über 40 Jahren in Paris. Er kennt das Pariser Kulturleben in- und auswendig.

Neben den großen Theatern und Filmpalästen spielt sich das kulturelle Leben vor allem in den kleinen Clubs ab. Und es ist hautnah auf den Straßen und den U-Bahnhöfen der Metro präsent. Gerade zwischen den Stadtvierteln „Vincent-de-Paul“ im 10. Arrondissement und „De la Villette“ im 19. Arrondissement sprüht es nur so vor kultureller Energie. Fremde aber verirren sich eher selten in diese Quartiere. Der filmische Weg führt auch in die Banlieues, jene urbanisierten Bereiche außerhalb des Stadtzentrums. Dort befinden sich die Randzonen einer Großstadt, die zur Zeit der Industrialisierung entstanden sind. In den Reiseführern wird meist davor gewarnt. Schließlich sei es dort für Touristen gefährlich und mit der Metro solle man schon gar nicht fahren. Peter Ludwig ignorierte diese Warnungen konsequent für sein filmisches Porträt. Er sei ja auch kein Tourist, sondern von vielen, längeren Aufenthalten aufgrund künstlerischer Engagements Paris erfahren.

Das spürt man auch in jeder Szene. Ludwig zeigt diese Randzonen mit ihren sozialen Problemen. Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Alltagsrassismus sind als Folge langjähriger politischer Ignoranz allgegenwärtig. Doch es gibt auch Hoffnung. Denn gerade dort erwacht das kulturelle Leben wieder neu, eine Aufbruchsstimmung, wie sie zuletzt in den 1980er-Jahren unter der Präsidentschaft von François Mitterrand wahrgenommen werden konnte.

In diesen Filmsequenzen zeigt Ludwig worum es ihm geht: Es sind die Menschen in ihrem Alltag, in ihrer Freizeit, in einer Bar oder im Café, umgeben von einer Stadt, die trotz ihrer Verwerfungen noch immer oder auch gerade deswegen über einen einzigartigen Charme verfügt.

Mit „Paris“ ist Peter Ludwig ein sehenswertes Porträt der Menschen dieser Stadt gelungen, die auch bei Krisen wie keine zweite europäische Metropole für das Savoir-vivre steht, eine Stadt der Kunst, der Kultur und vor allem der Lebenskünstler. Wolfgang Janeczka

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