Wehmütig schöne Weihestimmung

von Redaktion

Gelungener Start in die Meisterkonzert-Saison mit der Pianistin Olga Scheps

Rosenheim – Gut gestartet ist die neue Meisterkonzert-Saison mit der Philharmonie Baden-Baden unter Robert Moody und der Pianistin Olga Scheps: Mit dem Dramatiker Beethoven und dem Melodiker Mendelssohn Bartholdy kann nichts schiefgehen. Das Publikum im ausverkauften Kultur- und Kongresszentrum bejubelte die Pianistin derart, dass sie gleich zwei Zugaben spielte. Zuerst hämmerte sie wie unter Starkstrom stehend den 3. Satz aus der 7. Klaviersonate von Prokofjev, betitelt „precipitato“, in den Flügel, darauf wurde sie sanft-wiegend fast verklärt in einer Eigenkomposition, nämlich den Variationen auf eine Melodie aus dem Computerspiel „Scooter“.

Ausflüge in
die Moderne

Diese Ausflüge in die Moderne hätte man vorher bei ihr gar nicht vermutet (obwohl sie ja eine CD mit der „Scooter“-Musik eingespielt hat), hatte sie doch Beethovens 3. Klavierkonzert ganz abgemessen und klassisch ausgewogen, ja im zweiten Satz fast ebenso verklärt gespielt. Mit entschlossen-majestätischem Zugriff begann Olga Scheps dieses Klavierkonzert, ließ das lyrische Seitenthema weich perlen, versah alle Läufe mit einem finalen Impetus und kommunizierte aufs Beste mit dem Orchester, am schönsten mit den fein spielenden Holzbläsern, sie fühlte sich manchmal wie ein weiteres Orchesterinstrument, hatte Vergnügen an den quirlig-verzopften Passagen, gab der Kadenz mit vollem Körpereinsatz enormes Gewicht, trillerte sich impressionistisch sprühend ins Seitenthema und lieferte sich am Schluss mit der weich pochenden Pauke ein genau abgetöntes Duett.

Im lichten E-Dur des 2. Satzes, das so weit entfernt ist vom c-Moll des 1. Satzes, versenkte sie sich und damit das ergriffen lauschende Publikum in eine wehmütig-schöne Weihestimmung mit weich- und leiswogenden Arpeggien. Wohlabgerundet interpretierte Olga Scheps das Finale, sie hätte die Keckheit des Themas mit den spitzen rhythmischen Akzenten noch etwas spritziger und hitziger gestalten können, dafür hatte sie hörbar und sichtlich Spaß an den hurtigen Läufen und wurde dann doch am Schluss etwas stürmischer.

Die Philharmonie Baden-Baden, die hier ganz aufmerksam mitspielte und deren Geigerinnen auch in den hinteren Reihen immer gespannt auf der Stuhlkante saßen, erwies sich als sehr einfühlsam mitspielender Partner. Anfangs stellte sie sich mit Beethovens „Egmont“-Ouvertüre vor: Das Orchester begann mit revolutionär drängendem Furor, war rhythmisch immer auf dem Punkt und entfesselte einen finalen Jubelsturm. Mit robustem Gesamtklang zeigten sich doch auch die Holzbläser als Feintöner und die Hörner als geschlossene Tonphalanx. Robert Moody, dessen Gesten ohne Dirigierstab immer genau und hochanimierend waren, hatte alles im präzis zupackenden Griff.

Dauerjubelnde
Daseinsfreude

In den Anfangsapplaus hinein begann Moody dann die „Italienische Symphonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy und ließ nimmer nach mit der dauerjubelnden Daseinsfreude in A-Dur, die Mendelssohn Bartholdy hier verbreitet: Nicht umsonst ist es seine beliebteste Symphonie, die beim Hören automatisch den Zuhörern die Mundwinkel nach oben zieht. Gut ließ Moody im Andante den immer durchlaufenden Schreitrhythmus markieren, im Trio des Menuetto schufen die Hörner klangvoll-sehnsüchtige Waldeinsamkeit und im abschließenden Saltarello legte der Dirigent richtig los in wild wirbelnder italienischer Tanzlust, bei der sich die Holzbläser wieder mit duftiger Subtilität auszeichneten.

Den großen Applausjubel beruhigte Moody mit der Zugabe, dem „Adagio religioso“ aus der 2. Symphonie von Mendelssohn Bartholdy. Nach soviel musikalischem Sturm war diese Weihestimmung erwünscht.

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