Wasserburg – Weihbischof Wolfgang Bischof hat die neue Romed-Klinikkapelle in Wasserburg feierlich eingeweiht. Grund genug, auch die künstlerische Seite dieses nicht alltäglichen Bauwerks innerhalb eines zentralen Zweckbaus zu betrachten.
Denn der Kapellenbau in der zeitgenössischen Architektur ist eine beliebte Möglichkeit, die Grenzen zur bildenden Kunst anzutesten und quasi-skulpturale Statements zu schaffen, deren gestalterische Ambition und Konsequenz größere Bauten selten zulassen.
Integraler
Teil des Baus
Die Gestalter der Romed-Kapelle, Daniel Bräg und Thierry Boissel, knüpften an diese Entwicklung an, ja sie gingen noch einen Schritt weiter. Während bildende Künstler sonst häufig nachträglich hinzugezogen werden, um in bestehende architektonische Verhältnisse einzugreifen, entwarfen Bräg und Boissel ihre Wasserburger Kapelle als integralen Teil eines Neubaus von Grund auf selbst. Mit ihrer zentralen Platzierung im Gesamtkomplex des Klinikbereichs wird auch die Wertschätzung für diese, ihre Kapelle deutlich. Direkt im eher nüchtern und zweckmäßig ausgelegten Eingangsbereich setzt die bunte Glasfassade ein nicht zu übersehendes Zeichen. Die leicht konvexe Wölbung einer durchgehenden Glaswand nimmt gemeinsam mit den unregelmäßig über das Glas verteilten, verschiedenfarbigen Butzen das Innere der Kapelle vorweg. Der Bereich hebt sich angenehm von der eher gradlinigen Architektur des großen Foyers ab. Das opak strukturierte Glas gibt das Innere der Kapelle dem Blick von außen nicht sofort preis, bleibt dabei aber durchsichtig genug, um eine Ahnung vom Dahinterliegenden zu erlauben. Das Glas lässt keine Blicke, dafür aber viel buntes Licht ins Innere. So weckt der sichtbare und doch versteckte Raum einerseits Neugierde, gibt andererseits aber dem Eintretenden ein Gefühl von Schutz und Abgeschiedenheit. Dass sich hinter der Pracht der Glasfront ein fast schon bescheidener, in seinen Maßen beinahe privat anmutender Raum verbirgt, der vor allem Ruhe vermitteln soll, mag so manchen überraschen. Auffällig ist vor allem die schlichte, aber durchgehend organische Gestaltung. Denn gleich der Glasfassade sind alle Wände nach außen gewölbt. Auf dem Boden führt eine bereits vor der Kapelle ansetzende Spur die Blicke der Eintretenden in scheinbar beliebigen Windungen durch den Raum. In dessen Zentrum zeichnet sie eine charakteristische Kurve um Altar und Ambo. Spätestens hier erkennt man die Symbolik eindeutig. Es handelt sich um die Innschleife. Und so eröffnet sich auch der durch die Kapelle laufende und sich verzweigende Streifen als Andeutung eines fließenden Gewässers. Wie der Fluss der Stadt Wasserburg ihre charakteristische Form gibt, formt diese Spur hier auch Altar und Ambo, welche zwar durch einen schmalen Spalt getrennt sind, aber doch darin eine fortlaufende, gestalterische Einheit bilden. Auch im Material der Prinzipalien ist das Thema fortgesetzt. Sie bestehen aus Nagelfluh, dem dezent bunten Konglomerat-Gestein, wie es sich auch im Bett des Inns findet.
Natürliche
Vielfalt
Die charakteristischen Einschlüsse gleichen in ihrer irregulären Form und zufälligen Verteilung sehr den Butzen der Glasfassade und eröffnen schließlich auch den dezenten Terrazzo-Boden als Teil eines ästhetisch-thematischen Ganzen. Die ganze Kapelle mutet gewollt wie eine Art helle Unterwasserwelt an, in der eine bunte, natürliche Vielfalt letztlich scheinbar wie zufällig ein harmonisches Ganzes bildet, alle Eintretenden in eine ruhige Welt inmitten der Alltagshektik zu führen versucht, sie animiert innezuhalten und zu sich zu kommen lässt.