Rosenheim – Das Schöne an bekannten Programmen ist, dass man im Bekannten immer wieder Neues entdeckt. So auch beim alljährlich wiederkehrenden Benefizkonzert des Rotary-Clubs Innstadt in der Pfarrkirche St. Nikolaus mit dem Jazztrio Prisma, dessen Einnahmen heuer der „Aktion für das Leben“ zukommen: musikalisches Meditieren für das Leben. Musik ermöglicht also Leben – sinnvoller geht’s nicht.
Stadtpfarrer Andreas Maria Zach verband in seinen Texten die ausgewählten Adventslieder sinnreich mit dem Thema „Ent-gegen“: Man solle sich wie einst Maria ent-scheiden mit allen Konsequenzen, man solle sich zu etwas ent-schließen, wie es der Mann in der Erzählung „Vor dem Gesetz“ von Franz Kafka leider nicht gemacht hat, und man solle ent-schlossen anderen Menschen ent-gegen-gehen.
Wir Zuhörer hielten uns an das, was die drei Jazzer, nämlich Hubert Huber am Klavier (der die Arrangements schrieb), Michael Keul am Schlagzeug und Klaus G. Förg an der E-Gitarre, aus den Adventsmelodien entwickelten.
Mit dunklem Trommelschlag fuhr da in farbigen Kirchentonart-Harmonien das beladene Schiff ein („Es kommt ein Schiff geladen“), in schwerem Dreiertakt, bis alles dann hoffnungsfroh im Vierertakt zu swingen beginnt: „Das Segel ist die Liebe, der Heilig‘ Geist der Mast“, heißt es ja in der zweiten Strophe. Im lichten Gewölk der Klaviertöne kommt der Erzengel Gabriel vom Himmel herunter und entschwindet wieder, zwischendrin entwickelt sich jazzige Freude, nachdem Maria sich zur bejahenden Entscheidung durchgerungen hat, all dies im Lied „Der Engel des Herrn“.
Ein paar „Blue Notes“, ein bisschen rhythmische Verschiebung und einen „Walking Bass“ dazu – und schon landet „Macht hoch die Tür“ im Jazz und „derhalben jauchzt, mit Freuden singt“ und swingt es. Dornig-dunkle Harmonien begleiten Maria, wenn sie durch den Dornwald geht zu ihrer Base Elisabeth, doch dieser dornige Weg öffnet sich dann ins jazzig-helle Licht der Ent-scheidung. In pastoraler Wiegebewegung beginnt das abruzzesische Weihnachtslied „Quando nascette Nino“, bis es in den freudig-schnellen Vierertakt übergeht: dieselben Noten in jeweils anderem Gewand: Variation des Bekannten.
Alles gipfelte aber in Bach, der Ur-Musik: Traumhaft weitausschwingend, angereichert durch Zwischentöne und unterstrichen durch die Becken-Besenstriche und den chromatisch schreitenden Bass der E-Gitarre, strömte in unendlicher Ruhe die „Air“ dahin, zauberte vollends meditative Stimmung in die Kirche und vereinte alles: Musik, Meditation, Religion. Rainer W. Janka