Wasserburg – Zauberhafte Lichtblicke in der sonst eher hektischen Vorweihnachtszeit bot die Konzertlesung „Winterträume“ im Krippnerhaus. Tolle Musik und beschauliche Texte ergänzten sich dabei zu einer heiter-besinnlichen Einstimmung auf Weihnachten. Seit 2009 bereichert „Klassik im Krippnerhaus“ die musikalische Vielfalt in der Region.
Die Konzertprogramme für Kinder und für Erwachsene haben sich weit über Edling hinaus etabliert. Sie sind stets hervorragend besucht, so auch jetzt mit „Winterträume“. Yume Hanusch und Birgit Saßmannshaus spielten kammermusikalische Preziosen für Klavier und Cello aus der Zeit zwischen Barock und Gegenwart. Die Moderation und Wortbeiträge zwischen den Stücken übernahm Michael Atzinger. Mit bemerkenswerter Sprachkunst trug der gelernte Hörfunkmoderator und Nachrichtensprecher des bayerischen Rundfunks Literarisches rund um die Weihnachtszeit dann auch vor.
Durch die sonore Stimme des Profisprechers kamen viele bekannte Persönlichkeiten der Zeitgeschichte mit Gedichten, Geschichten und Aphorismen über Weihnachten zu Wort, darunter auch Albert Schweitzer. Der Friedensnobelpreisträger war nicht nur Arzt und Philosoph, sondern auch ein bedeutender Musikwissenschaftler seiner Zeit. Der Urwalddoktor galt als ausgewiesener Experte zu Johann Sebastian Bach. Da lag es nahe, dass der Abend musikalisch mit der Bachkantate „Arioso“ eröffnet wurde. Es folgten kurzweilige Gedichte zu Weihnachten von Erich Kästner, tiefsinnige Gedanken von Rainer Maria Rilke oder auch Nachdenkliches von Alexander Puschkin. Der Zauber des Winters und von Weihnachten stand wie bei den musikalischen Kompositionen im Mittelpunkt. Und dass zur Weihnachtszeit auch Unglaubliches passieren kann, zeigt die wahre Legende vom Weihnachtsfrieden am Heiligabend im Kriegsjahr 1914. Auch wenn im Nachhinein so einiges hinzugedichtet wurde, entspricht sie doch im Wesentlichen den Tatsachen: Deutsche Soldaten hatten sich an der Frontlinie in Flandern in den Schützengräben verschanzt: Gegenüber standen als Feinde Briten, Belgier und Franzosen. Dann aber geschah das Wunder. Ohne Autorisierung ihrer Befehlshaber riefen die Kriegsparteien einen Waffenstillstand aus. Sie tauschten während der Weihnachtstage untereinander Geschenke aus und sangen gemeinsam Weihnachtslieder.
Nicht weniger unterhaltsam und gleichzeitig berührend war auch die Musik. Pianistin Yume Hanusch und Cellistin Birgit Saßmannshaus überzeugten mit Werken von Beethoven bis Tschaikowski. Dessen Stück „Am Kamin“, eine Liebeserklärung an den russischen Winter aus den „Jahreszeiten“, ging gleichfalls unter die Haut. Selbst visuell hatte die Konzertlesung einiges zu bieten. Zu jedem Musikstück und Text wurden stimmige Bildabfolgen präsentiert, wie beispielsweise die mit einem Oskar prämierten Szenenbilder aus der Dr.-Schiwago-Verfilmung von 1965.
Oft ist ja Weihnachten mit nostalgischen Erinnerungen verbunden. Dabei kam aber die Gegenwart keineswegs zu kurz, wenn auch die schwedische Supergroup Abba sich für ihr neues Album „Voyage“ genau 40 Jahre Zeit ließ. Yume Hanisch und Birgit Saßmannshaus spielten daraus das im November 2021 veröffentlichte Weihnachtslied „Little Things“. Zur Zugabe allerdings wurde es wieder nostalgisch. Und was könnte dafür besser passen als die Titelmusik aus dem tschechischen Weihnachtsklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Der seit 1973 Jahr für Jahr gezeigte Film und seine lieblich-melancholische Filmmusik von Karel Svoboda sind aus der Weihnachtszeit einfach nicht mehr wegzudenken.