Bruckmühl – Sie waren in inniger Lebensgemeinschaft miteinander verbunden, und man hörte einen vom anderen nur mit Anerkennung sprechen. Aber dennoch: Ihre Sicht auf die Welt und die Art, diese darzustellen, war bei jedem der beiden eine andere. Erika Maria Lankes und ihr Mann Franz Lankes bedienten sich unterschiedlicher Werkstoffe und gestalteten ihre Themen auf unterschiedliche Weise. Und doch gab es da diese grundsätzliche Übereinstimmung: den Menschen in den Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens zu rücken – und das mit einem großen Maß an Empathie.
Menschen
im Mittelpunkt
Aber während Erika Lankes ihr Augenmerk auf die Menschen richtete, denen niemand einen zweiten Blick widmen würde – zum Beispiel den Alten und Versehrten – schuf Franz harmonische, in sich ruhende Gestalten – oft mit dem Antlitz seiner Frau Erika.
Erika Lankes gestaltete seit Ende 1968 Figuren aus Polyester. Bereits früh in ihrer Laufbahn hat sie sich für diesen Werkstoff entschieden, um mit ihm ihre künstlerischen Vorstellungen zu verwirklichen. Den Anstoß zu diesem Material gab 1968 ein Besuch der Biennale in Venedig, wo sie eine aus Polyester geformte Frauengestalt des Amerikaners Frank Gallo „Girl on Couch“ sah. Von nun an gab sie ihre abstrakte Malerei, die sie an der Münchner Akademie gefertigt hatte, auf und schuf kleine und lebensgroße Polyesterfiguren. Die Alltagsnähe dieses Materials, das Nichtmuseale, zog sie an. Mit ihren neuen Werken erregte sie bald Aufsehen in der Kunstwelt. Aufträge für öffentliche Räume – der bekannteste 1989 das Kurt-Eisner-Denkmal in München – folgten. Durch Auszeichnungen und Preise erhielt sie die Bestätigung für ihr künstlerisches Schaffen. In der Bruckmühler Ausstellung fällt eine Gestalt auf einem Sockel auf: die „Kleine alte Frau mit Stock“ aus dem Jahr 1985. Erschöpft und gekrümmt kann sie sich nur mit ihrem Stock vorwärts bewegen. Dennoch strahlt sie eine gewisse Würde aus.
Beeindruckend sind auch die körperlosen Köpfe, die auf Sockeln ruhen. Es sind geringfügig eingefärbte Gesichter, uneben und in ihrem Aussehen weit vom Schönen entfernt. Die Werkgruppe trägt den Titel „Am Grunde der Moldau“, und wer mehr darüber in Erfahrung zu bringen sucht, stößt auf ein Gedicht von Bertolt Brecht, das von Macht und Größe, aber auch von deren Verfall spricht. Eine Anzahl von Zeichnungen zeigt, dass EML – so bezeichnet sie sich selber – ihre Thematik auch in Bilder transportieren konnte. Mit Acryl auf Papier hielt sie in großen Formaten dieselben Menschengesichter fest wie in ihren Figuren: ausdrucksvoll, von Linien durchzogen und ungeschönt. Einige Male handelt es sich um Selbstporträts, wie zum Beispiel im Gemälde „Beim Denken“. Die Augen ins Nichts gerichtet, verharrt die Gestalt bewegungslos. Die Linien des Gesichtes setzen sich im Kleid als Muster fort. Insgesamt ist das Werk von Erika Maria Lankes geprägt durch eine einfühlsame Haltung gegenüber jedem Menschen.
Das Werk von Franz Lankes begrüßt den Besucher der Ausstellung mit leuchtendfarbenen Aquarellen. Besonders die Blumenmotive beziehen ihre Strahlkraft aus üppig verwendeten Farben. „Das Gelb, Rosa, Blau, Violett, Umbra und Grün leicht antippen und klare Struktur setzen zwischen Hell und Dunkel“ hält Lankes in seinem Tagebuch fest. Immer sind es Sträuße und Gebinde im Innenraum, Blumen die laut Bildunterschrift Erika zum Namens- oder Geburtstag geschenkt wurden und die nun in Bildern die Zeiten überdauern.
Aber Franz Lankes gestaltete auch in der freien Natur. Mit seinem Malzeug ausgerüstet, hielt er Gebirgsszenerien und Landschaften in Bildern fest. „Gebirgskette“, „Kampenwand“, „Heuberg“, alle atmosphärisch dicht, in kühl anmutendem Blau gehalten. Auch hier gab er seine Gedanken in seinem Tagebuch wieder. „Wie schwer es ist, im windig eiskalten Wind die Kampenwand, die schöne, zu malen…“. Die Farbe „gefriert zu bröseligem Gerinsel“ klagte er. Skizzen oder gar fotografische Vorlagen lehnte er ab, er schätzte die Unmittelbarkeit der Bildwiedergabe. Stimmungsvolle Interieurs, manchmal ein unbewohnter Raum, aber auch oft mit Erika, waren ein weiteres Thema, das er im Bild festhielt. „Erika unter der Lampe“, „Erika beim Lesen“ oder „Orchideen und Erika“ beleben die Szenerie.
Manche Blätter nähern sich der Abstraktion, andere wieder zeigen, wie sehr Lankes sich dem Gegenständlichen verpflichtet fühlte. In seinem bildhauerischen Werk bediente er sich verschiedener Materialien, Holz und Keramik verschmelzen zu einer Gestalt. „Erika im Rindenmantel“ ist eine Porträtfigur, deren Rücken aus grober Baumrinde besteht, die wie ein schützender Umhang wirkt. Die Vorderseite des Holzes ist bearbeitet und bemalt, ein zierlicher Kopf aus Ton sitzt auf den Schultern.
Kreuzweg
im Dachgeschoss
In verschiedenen Konstellationen taucht die Gruppe „Ludwig II. und Sissi streiten in Possenhofen“ auf, eine heiter-ironische Darstellung, die er 1986 zum 100. Todestag des Königs schuf. Im Dachgeschoss findet die Ausstellung ihren Abschluss mit einem 14-teiligen Kreuzweg. Es handelt sich dabei um eine Arbeit aus einzelnen Keramiktafeln, die die Stationen des Weges darstellen. Einfache, aus Ton gestaltete Figuren, sparsam bemalt, lassen den Besucher – gerade wegen ihrer Schlichtheit – nicht unberührt.