Rosenheim – Der erste Blick nach Betreten der Ausstellungsräume fällt unweigerlich auf das Porträt von Emma González, auf einer zentral postierten Säule markant dargestellt. Wer ist sie noch mal? Ja richtig – die US-amerikanische Jugendliche ist eine der Leitfiguren im Kampf gegen die mächtige Waffenlobby und gegen immer wieder neue Massaker auch in amerikanischen Schulen.
Ihr zur Seite steht Malala Yousafzai, sie setzte sich als Jugendliche in Pakistan für das Recht auf Bildung ein und erhielt 2014 den Friedensnobelpreis. Die Illustratorin Felicitas Horstschäfer hat die beiden und viele weitere Jugendliche und junge Erwachsene als Hoffungsträger dargestellt, im Kampf gegen Rassismus und für mehr Chancen für Benachteiligte wie auch für die Umwelt. Schon im Eingangsbereich der neuen großen Kunstausstellung in der Galerie zeigt die Kuratorin Christine Knödler: „Du kannst etwas tun !“
Aktuelle
Zusammenschau
Knödler, die sich als Kunsthistorikerin, Journalistin und Moderatorin für viele Medien der Kinder- und Jugendliteratur widmet, hat aus dem aktuellen Schaffen deutscher Verlage politische Bilderbücher und gezielt Grafiken daraus ausgewählt. Es ist also keine kulturgeschichtliche Zusammenschau geworden, sondern eine aktuelle, die Werke sind lieferbar und stammen überwiegend aus den letzten fünf Jahren.
Es sind nicht nur Kinderbücher ausgestellt, sondern Bilderbücher, denn die Grenzen sind fließend und längst sammeln Erwachsene „Graphic Novels“ oder begeistern sich für kunstvolle Illustrationen. Beispielsweise für die von Barbara Yelin zum Leben von Mascha Kaleko, technisch gestaltet mit Buntstiften und Gouache, und passend zum Text „Wohin ich immer reise/ich fahr nach Nirgendland“. Oder wie die Geschichte von Samia Yusuf Omar, Olympiateilnehmerin und gestorben bei einem Fluchtversuch im Mittelmeer.
Die Mauern zwischen West und Ost sind der Schwerpunkt im Saal zwei, mit Horst Kleins Bilderbuch „Hübendrüben“ und der comichaften Erklärung der beiden Deutschland, erschienen 2018 im Klett Verlag. „Gewalt beenden“ heißt es im nächsten Saal, und ein echtes inhaltliches und bildliches Highlight ist Armin Greders Buch „Die Insel“ (S. Fischer Verlag), eine Parabel auf Migration, Ausgrenzung und Gewalt.
Nicht nur hier, sondern auch in vielen anderen Grafiken steht nicht „Illusion“, sondern „Illustration“ im Vordergrund, was von der Wortbedeutung her „Beleuchten“ heißt und nicht zuletzt im Spanischen auch „Aufklärung“. Beklemmung schleicht sich ein, wenn man im Nachbarraum „Akim rennt“ von Claude K. Dubois betrachtet, erschienen im Moritz Verlag und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 ausgezeichnet. Trotz oder gerade wegen des improvisierten Skizzencharakters strahlen die Grafiken große Dynamik und realistische Aktualität aus.
Die Ausstellung geht sparsam mit Objekten im Raum aus, schließlich sollen ja die Grafiken im Zentrum stehen. Die Koffer als Symbol für Flucht und Vertreibung passen jedoch gut und verstärken den Eindruck. Dazu passen die Werke von Romana Romanyschyn und Andreij Lessiw unter dem Motto „Nie wieder!“, mit dem Titel „Als der Krieg nach Rondo kam“.
Der Umgang von Menschen untereinander und mit der Umwelt sind das Thema in „Weniger ist mehr“: Ein Manager besticht eine Jugendliche mit Auto und Geld, behält die Welt aber lieber für sich selber – topaktuell hat Katrin Stangl „Eine neue Welt“ gestaltet, erschienen bei Peter Hammer.
Bär und Wiesel
teilen sich Pilze
Und wie sich Bär und Wiesel drei Pilze teilen, sieht man in Jörg Mühles Buch „Zwei für mich, einer für dich“. Einen Knüller gibt es zum Finale des Rundgangs: Wie wäre es, Produktion in der Konsumgesellschaft mal von hinten her zu verstehen? Also das Gulasch wieder zum Schwein werden zu lassen und auf die Wiese zu stellen? So wird die „Fabrik“ zur „Kirbaf“ und unsere Prozesse werden eindrucksvoll hinterfragt wie in Henning Wagenbreths „Rückwärtsland“. Zahlreiche Veranstaltungen ergänzen die Ausstellung. So bietet die Galerie unter anderem einen Zeichnen-Workshop an sowie Werkstattgespräche mit Künstlerinnen und Künstlern und der Kuratorin Christine Knödler.