Rosenheim – Respekt: Seit März ist Johannes Meidert Kantor der Erlöserkirche und jetzt schon stellt er ein Bach’sches Weihnachtsoratorium auf die Beine – das einzige heuer im Rosenheimer Raum. Dabei kann er sich aber auf seinen Chor verlassen, der dieses Oratorium sicht- und hörbar schon öfter gesungen hat. Als gut einstudiert präsentiert er sich, mit Feuereifer singend, (nur der Beginn des „Ehre sei Gott“ ist etwas wacklig, dann sind alle wieder im richtigen Gleis), konsonantengenau artikulierend, die Choräle wie einen Gemeindegesang kräftig akzentuierend, auch textlich mit deutlichen Komma-Zäsuren: Sie wissen, was sie da singen.
Freudig-feurig
oder bewusst eilig
Oft ist’s freudig-feurig („Brich an, du schönes Morgenlicht!“) oder bewusst eilig, wenn sie die Hirten zur Krippe laufen lassen („Lasset uns nun gehen zu Betlehem“).
Manchmal nur werden sie etwas anbetender wie in „Ach, mein herzliebes Jesulein“. Ein paar Höhen-Glanzspritzerchen in den Frauenstimmen wären noch schöner.
Das Seraphin-Ensemble München zeigte sich routiniert und an allen Pulten gut besetzt, der Anfangschor swingte fast, die Trompeten blitzstrahlten vorbildlich, aber sonst ist das Spiel dieses Orchesters relativ gleichförmig, wenig differenziert, da tut und will auch Meidert wenig. Die „Sinfonia“ kommt so handfest ohne die feinen Echowirkungen daher. Insgesamt lässt Meidert alles fließen, dirigiert oft ganztaktig und großbogig. Markus Herzog als Evangelist pflegt einen kraftvollen Verkündigungston und eine gute Diktion, die Koloraturen seiner Hirten-Arie nimmt er sehr legato, befeuert sie dabei immer wieder.
Susanne Kelling singt ihre Alt-Arien technisch tadellos, wird aber oft vom Orchester zugedeckt, sodass ihre Arien nicht den intensiven und intimen Ruhepol bilden können.
Dass Bach der Sopranstimme in diesem Oratorium so wenig Musik geschenkt hat, bedauerte man sehr bei der Stimme von Murni Suwetja, die als ein blutvoll-lebendiger Engel den Hirten die große Freude verkündet. Dass Bach die Bass-Stimme so reichlich bedacht hat, freute einen: Der Bass von Niklas Mallmann war so warmtimbriert wie majestätisch, so wohlakzentuiert wie lyrisch fließend, seine Textbehandlung hochintelligent: Dass der große Herr und starke König „muss in harten Krippen schlafen“, macht Bach an dieser Stelle mit Synkopen-Widerhakigkeit klar – Mallmann zeichnet dies genau nach.
Ständige
Verschränkung
Die Sopranistin und der Bass harmonierten in ihrem Duett „Herr, dein Mitleid“ so gut, dass dieses so redselig-schwärmerisches Duett mit der ständigen Verschränkung der Stimmen zum heimlichen Mittelpunkt wurde, ganz im Sinne von Günter Jena, der dazu in seiner Monografie über das Weihnachtsoratorium schreibt: „Wenn die Interpreten die rechte, verliebt-heitere und doch empfindsam weiche Stimmung des Duetts treffen, kann es zum fröhlichen Glanzpunkt der ersten drei Oratoriumsteile werden.“
Die beiden trafen die Stimmung und schufen damit den Glanzpunkt.