Die Verbildlichung geistiger Fragen

von Redaktion

Studioausstellung mit Werken von Sylvia Roubaud im Alten Rathaus Prien

Rosenheim – Jede Ausstellung hat ihr besonderes Profil, ihre Schwerpunkte, ihre Eigenheiten. Auch die derzeitige Ausstellung „Künstlerlandschaft Chiemsee 22“ in Prien hat ihre Charakteristika. Augenscheinlich ist ihre Bandbreite. Moderne Kunst ist kein einheitlicher Stil. Vielmehr ist die Gegenwartskunst geprägt von Vielfalt. In vormodernen Zeiten galten für Kunstwerke festgelegte Regeln. Nun ist aber gerade die Freiheit von Regeln zu einem Merkmal der zeitgenössischen Kunst geworden, wie in der Priener Ausstellung zu sehen ist.

Präsentation
in einem roten Kreis

Die Präsentation ist ein anregendes Forum der Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kunst. Über 60 Künstler zeigen in der alljährlichen stattfindenden Präsentation ihre Arbeiten.

Ein Höhepunkt ist die Studioausstellung mit Arbeiten von Sylvia Roubaud. Beim Betreten des großen Raumes fällt sofort die Präsentation sowie die Platzierung der Arbeiten auf. Sylvia Roubaud selbst hat den Ausstellungsraum konzipiert. Mit der Idee, einen roten, nicht ganz geschlossenen Kreis an die große Seitenwand zu malen, in dem sie davor ihre zwölf kleinformatigen gerahmten Arbeiten in Acryl mit den Titeln „Gaps“ platziert, ist ihr ein besonderes Ausstellungsformat gelungen, ein idealer malerischer Gesamtraum. Die Studioausstellung bietet einen Einblick in die aktuellen Arbeiten der letzten vier Jahre einer avantgardistischen Künstlerin, deren Offenheit und Internationalität präsent ist.

Sylvia Roubaud zeigt mit ihren 19 Werken anschaulich, wie Themen klar und unerschütterlich erarbeitet werden und analysiert aus verschiedenen Blickwinkeln ihre abstrahierten Gemälde. In den Arbeiten von Sylvia Roubaud geht es nicht mehr um die Abbildung der sichtbaren Wirklichkeit, sondern um die Verbildlichung geistiger Fragen. Dies zeigt sich vor allen Dingen in einer Entfesselung der Farbe. Mit Kontrasten von Primärfarben und verschiedenen Schwarz- Grau- und Weißtönen sowie Linien- und Streifenschwüngen transformiert sie Inhalte und komponiert ein Gefüge, das man am ehesten als ein Feld aus Kräften und visuellen Rhythmen beschreiben könnte. Sie enthalten Momente von Harmonie und Repräsentation.

Ein Bild unten rechts scheint sich einreihen zu wollen, während ein Bild oben rechts sich von der Reihung entfernt. Mit dieser „Reihung“ schafft Roubaud Spannung und lässt das Auge des Betrachters wandern. Gleichwohl besitzen die kleinformatigen Arbeiten ein dynamisches Farbenspiel. Farbformen schwingen aus und verdichten sich wieder. Eine große Anziehung besitzt auch das Triptychon „Zwischen den Zeiten-Raum“ in Acryl auf Karton gemalt. Drei großformartige Tafeln betont versetzt gehängt, in denen mit kraftvollem Pinselstrich sich Farbstrukturen ihren Weg über die Fläche bahnen, in der drei Grundstimmungen Ruhe, Emotion und Freiheit dargestellt sind. Hier erscheint die dynamische Bewegung wie ein Signal für das Wirkende, für aktive Kräfte, deren Ursprung die Malerin in ihrem Erleben nähergekommen ist. Die Farben Weiß und Schwarz und verschiedene Grauwerte bestimmen den Grundton des Triptychons. Offene und geschlossene Formen bilden die Bildkompositionen, in der man glaubt, ein Zeichen wie ein y, oder die Form eines Dreiecks zu erkennen, die dann in Bewegungsmomenten entschwinden.

Sylvia Roubaud geht es immer um die exakte Klärung formaler Probleme wie Fläche und Raum, die zur Bild-Wirklichkeit wird. Verfremdung, Poesie, das Spiel mit magischen oder historischen und literarischen Bezügen sind künstlerische Mittel, an denen sich Sylvia Roubaud immer wieder erprobt, wie auch in den ausgestellten Exponaten mit dem Titel „Position one“ Acryl auf Leinwand zu sehen ist.

Ebenso die kleinformatige Arbeit mit dem Titel „on air IV“, eine Arbeit in Acryl, Kreide, Pigmente auf Karton, die zugleich auch für das Ausstellungsplakat verwendet wurde und sehr prägnant in der Studioausstellung positioniert ist. Oder in den vier ausgestellten Arbeiten in Graphit, Kreide und Pigmente auf Papier mit dem Titel „Lepanto I Philosophie der Frage“ in der sich die Künstlerin mit Gegensätzen des Geschehens auseinandersetzt.

Mit dem Chiemgau
eng verbunden

Sylvia Roubaud verbrachte ihre Kindheit und Schuljahre bis 1958 in Rimsting am Chiemsee. Bis 2020 lebt und arbeitet sie in München. Mit dem Chiemgau eng verbunden, beteiligte sie sich von 1965 bis heute an den Priener Jahresausstellungen.

2020 übersiedelte sie ganz nach Prien und eröffnete 2021 ihr Atelier am Marktplatz 14 in Prien.

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