Liebesgeschichte des Teufelsgeigers

von Redaktion

Die Winterfestspiele Erl enden glanzvoll mit Rimski-Korsakow und Rachmaninow

Erl/Tirol – So viel mit Bravo-Rufen gemischten Beifall hätte sich Sergei Rachmaninow bei der Uraufführung seiner ersten Symphonie wohl gewünscht: Bekanntlich endete die damals in einem Fiasko, das dem Komponisten jahrzehntelange depressive Verstimmungen bescherte. Jetzt aber bejubelte das Publikum beim Abschlusskonzert der Tiroler Winterfestspiele Erl diese Symphonie. Nach so viel italienischem Belcanto mit Donizettis „Don Pasquale“ und „Francesca da Rimini“ von Mercadante genoss es diese spätromantische russische Symphonik. Das bestens aufgelegte und hoch konzentriert aufspielende Orchester applaudierte dem Dirigenten des Abends: Lawrence Foster.

Rhythmisch straff
und feurig dirigiert

Der ist zwar Jahrgang 1941 und besteigt mühsam das Dirigentenpult, wenn er aber dann darauf sitzt, entspringen seinen Fingern Aufmerksamkeit fordernde Energieblitze. Wenn man Rachmaninow so rhythmisch straff und so feurig dirigiert wie Foster, entgeht man der Gefahr des „sensitiven Lyrismus“, wie Andreas Wehrmeyer in seiner Rachmaninow-Monografie formuliert, anders gesagt, der sich lyrisch verströmenden Langeweile.

Foster holt die musikalischen Elemente, die das symphonische Geschehen antreiben, deutlich heraus, zeigt, wie vor allem die dunkle Klangfarbe der Klarinette symphonisch fruchtbar wird (was die Klarinettistin genussvoll tut), und zeigt, wie überhaupt mehr der Klangfarbenreichtum diese Symphonie beherrscht als der Themenreichtum, wie das „Dies-irae“-Motiv die Symphonie durchwandert und wie die Symphonie blechblitzend-triumphmarschmäßig endet. Energie und rhythmische Straffheit brachten auch die Ouvertüre zur Oper „Die Zarenbraut“ von Nikolai Rimski-Korsakow zum bildkräftig-rhapsodischen Erzählen, vom unruhigen Beginn über den harfenumrauschten Liebesgesang bis zu den Gefahr verkündenden Trompetenstößen, alles von Lawrence Foster dramaturgisch wohlgeordnet vorgeführt und vom Orchester präzise und klangfreudig ausgeführt. Mit 33 Jahren ist der russisch-litauische Pianist Lukas Geniušas wesentlich jünger als der Dirigent, aber beide verstanden sich glänzend in Rachmaninows „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“. Wirbelnd und blitzend-bewegt, dabei völlig uneitel virtuos, den Kopf konzentriert oft tief unten, spielte Geniušas seinen enorm schwierigen Klavierpart.

Hochdramatisch gestaltet

Er lieferte sich schöne
Dialoge mit den Holzbläsern, markierte deutlich das „Dies irae“ (von dem Rachmaninow schier besessen scheint), mischte sich überhaupt ausgezeichnet mit dem schwelgerischen Orchesterklang und gestaltete mit dem Orchester hochdramatisch die Liebesgeschichte zwischen dem Teufelsgeiger Paganini, der laut der Legende seine Seele an den Teufel verkauft haben soll, und einer Frau, wie Rachmaninow selber deutlich dargelegt hat. Für den Beifall revanchiert sich Lukas Geniušas mit dem heiter-wendig gespielten „Hopak“, einem von Modest Mussorgsky komponierten Volkstanz, den Rachmaninow für Klavier arrangiert hat – womit der Pianist bei der vom Publikum so begeistert goutierten russischen Musik blieb.

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