Wasserburg – Hätte es jetzt noch geschneit, wäre der Kontrast perfekt gewesen zwischen dem schlecht gelaunten Januarwetter draußen und den euphorisierenden, mal dahin schwebenden, mal hitzigen Klangwelten, die die vier Ausnahme-Musiker von Quadro Nuevo in den Wasserburger Rathaussaal zauberten: „Mare“ heißt das im Corona-Jahr 2020 erschienene Album der bekannten Weltmusik-Band aus Oberbayern, und schon die ersten zarten Klänge von „Sambadi Didi“ verführen und entführen mit jazziger, typisch Bossa-Nova-artiger Leichtigkeit an einen fernen, warmen Sandstrand, weg vom freudlosen deutschen Winter hin zu Meeresbrise, Wellenrauschen, Lebenslust.
Seit vielen Jahren tourt das Ensemble durch die Länder dieser Welt und präsentierte seine musikalischen Mitbringsel, neapolitanische Weisen, orientalische Grooves oder Tango Nuevo auch an diesem Abend in dem ihm ganz eigenen Stil jazzig-verspielter Arrangements.
Dabei kündigten die Multi-Instrumentalisten ihre Entlehnungen oder Eigenkompositionen mit so lässigen Understatements an, wie ihn sich nur echte Profis leisten können, und verwebten ihre Anekdoten und künstlerischen Darbietungen zu einer Art musikalischem Reisebericht – ebenso facettenreich wie kurzweilig. Stets melodisch, auch eingängig-mitreißend, oftmals aber berührend – vor allem in den ruhigen, stilleren Stücken.
Hier trat der mehrfach ausgezeichnete Jazz-Pianist und gebürtige Bad Aiblinger Chris Gall immer wieder in den Vordergrund, der sich à la Keith Jarrett geradezu manisch in ein Motiv hineinsteigern kann, um sich im nächsten Moment wie in einer Jazzbar entspannt zurückzulehnen, um den Tönen Raum zu geben und jeden einzelnen ausklingen zu lassen – etwa bei „Waiting for Penelope“ vom Album „Odysee“.
Das Schöne an dieser Live-Band sind nicht nur die wunderbaren Klänge, die so erstaunliche Traumbilder malen. Man sieht einfach gerne zu, wie Mulo Francel in halsbrecherischem Tempo Klarinette oder Saxofon hinauf- und hinunterjagt, um im nächsten Moment schon die Mandoline zu streicheln. Wie D.D. Lowka, stets lächelnd oder in sich versunken, sämtliche Flächen seines Kontrabasses rhythmisch dermaßen bearbeitet, dass es fast weh tut. Oder wie Andreas Hinterseher so leicht zwischen Akkordeon, Bandoneon, Vibrafon und Trompete wechselt wie das Abendlicht seine Farben.
Ein Geschenk für das Publikum, das mit tosenden Zwischenapplausen dankte. Ein Geschenk auch für die Hilfsorganisation Plan International, an deren Ukraine-Hilfe die Einnahmen aus diesem ausverkauften Konzert gingen. Regine Falk