In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „BS“ – „Bairische Sprache“ des Vereins „Bairische Sprache und Mundarten Chiemgau-Inn“ wird ein Artikel aus einer Regensburger Zeitung zitiert, in dem von einem großen sprachlichen Erfolg der Regensburger Bevölkerung berichtet wird: Die computerisierten Ansagen der verschiedenen Haltepunkte, die man in den Bussen der Regensburger „Stadtwerk-Mobilität“ vernehmen konnte, waren bis vor kurzer Zeit nicht adäquat: Manche Namen oder Worte seien ungewöhnlich betont worden. Auf vielfachen Protest der Fahrgäste hin wurden die Ansagen neu eingesprochen, und zwar von einem jungen Mann aus der Regensburger Gegend. Jetzt ist anscheinend alles gut.
Und wie schaut’s in unserer Region mit den automatisierten Ansagen der Haltepunkte aus, die von der Bayerischen Regiobahn (BRB) angefahren werden?
Hier ist seit ein paar Wochen fast eins zu eins die vormalige Regensburger Situation gegeben: Seltsame Betonungen und Ausspracheweisen. Daher die Anregung à la Regensburg: Bitte umgehend neu besprechen, und zwar von jemandem aus unserer Region!
Ein paar Beispiele für die Strecke von München-Ost nach Kufstein mögen genügen. „Nächster Halt: Grafing Bahnhof“ lautet die automatische Ansage von einer gut verständlichen Frauenstimme. Aber sie klingt fremdartig: Das Problem ist die Lautung des Vokals A. Er wird dreimal extrem hell artikuliert: „Nächster Hált: Gráfing Báhnhof“. Zur Verdeutlichung schreiben wir hier das A mit dem Kennzeichen Akut als [á]. Genau so wird schon im Standardwerk „Bayerisches Wörterbuch“ von Johann Andreas Schmeller ein sehr helles a gekennzeichnet, wie es in unserer Region etwa in „Aßling“ oder „Schwabering“ zu hören ist, im Gegensatz zum normalen a, das etwa in „Antersberg“ oder „Brannenburg“ gesprochen wird.
Wo liegt nun der Fehler der Sprecherin? Grafing wird in der Bevölkerung mehrheitlich mit sehr hellem a gesprochen: alles gut!
Aber die Begriffe Halt und Bahn werden in unserem regionalen südlichen Hochdeutsch mit normalem a artikuliert. Das heißt: Die BRB-Stimme nimmt nicht nur nicht Rücksicht auf diese interessante sprachlich- kulturelle Tatsache, sondern berücksichtigt auch nicht die neutral-standardsprachliche a-Lautung, die ein „normal“-helles a vorgibt, daher bei „Halt“ und „Bahn“ keineswegs ein extrem helles A vorschreibt. Ein solches würde selbstverständlich für die Bahnlinie – „Báhnlinie“ – von Varel („Várel“) nach Danggast („Dánggást“) in Friesland bestens passen. Umgekehrt würden sich die Friesen wohl schön über eine süddeutsch-bairische Aussprache ihrer Ortsnamen „bedanken“! Weitere Probleme der BRB-Stimme sind zum einen die falsche Betonung des MVV als „EMvauvau“ anstatt „emvauVAU“ (Betonung!); zum andern ist der Sprecherin unser gerolltes Zungenspitzen-r, das für eine deutliche Aussprache der Haltepunkte sorgen würde, fremd: Rosenheim und Raubling klingen wie „Osenheim“ und „Aubling“.
Aber es wird noch abenteuerlicher: die englische Aussprache unserer Ortsnamen. Gut gemeint ist noch lange nicht gut. „Wassaböag“ – hier mit normalem a – und „Bot Aijbling“ sind die Paradebeispiele. Viele Fahrgäste können hier ein mitleidiges Lächeln kaum unterdrücken.
Apropos Englisch: In den Zügen der britischen Bahngesellschaft „Go-ahead“, die seit Dezember 2022 die Strecke München – Augsburg und weiter betreut, wird man kurz vor München Hauptbahnhof so verabschiedet: „Servus und Auf Wiederschaun“. Schee! Überflüssig zu erwähnen: „Mering-St. Afra“ mit normalem a, „Pasing“ mit hellem á. Eine Computerstimme also, die dringend zu empfehlen ist, werte BRB! Oder aber Sie lassen wieder die Computerstimme aus der Zeit von 2013 bis November 2022 ertönen. Diese haben wir hier schon am 18. September 2020 sehr gelobt: Da kam nämlich jeder Ortsname richtig. Los, Go ahead! armin höfer