Bruckmühl – „Find ich gut“ nennen die beiden Künstler Bernhard Bindl und Martl Fritzsche ihre gemeinsame Ausstellung in der Galerie Markt Bruckmühl. Bereits der Titel wirft eine Frage auf, der noch viele weitere folgen werden – Sinn und Hintergrund der Objekte beider Künstler will erschlossen werden.
Neues Leben eingehaucht
Was also bedeutet „Find ich gut“? Finden die Künstler die Idee und Realisierung ihres gemeinsamen Ausstellungskonzeptes gut? Oder beginnt das Gutfinden bereits bei den Fundstücken, die sie für ihre Werke verwenden? Denn das ist das Gemeinsame in den Arbeiten von Bindl und Fritzsche: Sie verwenden Altes, Gefundenes, Übriggebliebenes. Sie hauchen – im Sinn der Arte Povera – altem Material neues Leben ein, jeder in seiner eigenen Handschrift. Alle verwendeten Materialien stammen aus dem Besitz der beiden, das ist Voraussetzung, denn nur so kennen die Künstler die Vorgeschichte des Materials und können sie in das neue Werk transponieren.
Stößt man bei Bindl häufig auf Paketbänder aus Plastik, auf Holz und Aluminium, verwendet Fritzsche Kunststoffe, Plüsch und immer wieder Keramik. 72 Werke insgesamt hängen an Wänden oder stehen auf Sockeln und Boden.
Beide Künstler haben sich viele Gedanken darüber gemacht, wie sie ihre Arbeiten als Dialog inszenieren können. Ein zweiteiliges Werk von Martl Fritzsche begrüßt die Besucher im großen Raum im Erdgeschoss. Ein Fernrohr, großzügig rot ummantelt, lädt ein mit der Beschriftung: „Blicken Sie durch“. Folgt man der Aufforderung, sieht man quer durch den langen Raum hindurch knapp unterhalb der Decke ein kleines Menschenpaar aus Keramik in Not: Die beiden stecken mit den Köpfen fest im Grund, nur Füße und Beine schauen heraus. Neben ihnen ragt ein Fähnchen mit der Beschriftung SOS aus dem Boden. Ein Hinweis, humorvoll verpackt, auf die Gier der Menschen, zu schauen statt zu helfen.
Ästhetisch ist die kleine Arbeit „connect perfect“, in der über feine, in die Wand geschlagene Nägel einfache Gummiringe gezogen wurden. Die Nägel sind so angebracht, dass die Gummiringe ein geometrisches Muster ergeben, wobei die feinen Schatten die Optik perfekt machen.
Und im Dachgeschoss steht dieses verblüffende Fahrzeug, auf das zu steigen man sich als Erwachsener versagen sollte, auch wenn es noch so verführerisch lockt. Es handelt sich um ein Kinderdreirad, das vom Künstler vermittels eines Brettes zu einem extrem langen Gefährt umgestaltet wurde. Diese lange Sitzfläche ist mit knallrosa Plüsch bezogen und soll den Kindertraum Fritzsches verdeutlichen, alle Freunde auf seinem Dreirad mitnehmen zu können. Titel der Arbeit: „für-ein-ander-mit-einander-durch-ein-ander“.
Hintersinnig sind die Arbeiten von Martl Fritzsche – dem Wesen der Dinge auf den Grund gehend, ohne dabei belehrend zu sein. Im Jahr 2022 erhielt der Künstler den Kunstpreis der Stadt Rosenheim.
Bernhard Bindl, der ein Studium bei Jerry Zeniuk absolvierte, arbeitet ebenfalls mit Fundstücken. Zunächst scheinen die Arbeiten beider kaum unterscheidbar, aber wenn man die Exponate aufmerksam betrachtet, erkennt man Unterschiede. Auffallend ist, dass Bindl seine Materialien häufig zu geometrischen Figuren zusammensetzt. So erinnern die Werke an konkrete Kunst, in der die Gestaltung auf mathematisch-geometrischen Planungen beruht. Nicht nur sieben kleine Holztafeln, auf denen Aluminium und Linoleum spielerisch zu immer neuen rechteckigen Formen zusammengesetzt werden, zeugen davon. Auch eine alte, farbbespritzte Schranktüre erfährt neues Leben durch das Kombinieren mit einem bemalten Stück Holz – beide Elemente rechteckig und in zweifacher Ebene übereinandergesetzt. Das untere Holz, das seitlich herausragt, ist bemalt mit Farbstreifen, die wiederum einem anderen wichtigen Element in Bindls Arbeiten ähneln: den Verpackungsbändern.
Ästhetisches Schauspiel
Mit Verpackungsbändern inszeniert Bindl ein ästhetisches Schauspiel: mehrfache Windungen eines Bandes in einem Bilderrahmen arrangiert, adeln diesen simplen Gegenstand. Aber gleichzeitig entsteht der Gedanke an oftmals unsinnige, umweltbelastende Transportwege vor dem geistigen Auge.
Unter dem Titel „On the Beach“ ordnet der Künstler Dutzende von Plastikteilen – Flaschenverschlüsse und Ähnliches – in einem Holzrahmen dicht nebeneinander. Oben auf dem Rahmen steht ein kleines, aus einem Geldschein gefaltetes Schiffchen. Die fröhliche Farbigkeit dieser Arbeit – Bindls Werke sind sonst farblich eher zurückhaltend – täuscht nicht über die wahre Bildaussage hinweg. So ist bei beiden Künstlern, auch wenn ihre Werke spielerisch und heiter wirken, mitunter ein Unbehagen an der Welt zu spüren.
Bernhard Bindl und Martl Fritzsche sprechen in unterschiedlicher Sprache zu uns, doch verbindet sie die Lust am Erzählen, die Freude am Aufzeigen von Absurdem und am Er-find-en. Nichts ist festgeschrieben, alles ist denkbar.