Rosenheim – Die nächste Premiere im Theater Tam-Ost ist am Samstag, 4. März. Aufgeführt wird „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugène Marie Labiche, eine Komödie, die hart am Wahnwitz streift: Lenglumé verbringt den Abend beim Ehemaligentreffen seiner Schule. Am nächsten Morgen erwacht er neben seinem Schulkameraden Minstingue. Aus der Zeitung erfährt er von einem brutalen Mord an einer jungen Kohlenschlepperin in der vergangenen Nacht. Beide kommen aufgrund von Indizien zu dem Schluss, dass sie im Rausch diesen Mord begangen haben müssen. Nun versuchen sie, mit einer Reihe von immer grotesker werdenden Rettungsversuchen den drohenden Skandal abzuwenden. Regie führt der Theaterprofi Andreas von Studnitz. Er erzählt, wie es dazu kam, warum Schuhe an den Knien sind und was Loriot damit zu tun hat.
Herr von Studnitz, wie kam es dazu, dass Sie als Theaterprofi Regie bei einer Laienbühne führen?
Mein Nachbar in Rimsting hat Gerhard Sellmair vom Tam-Ost kennengelernt. Irgendwann saß ich mit Herrn Sellmair im Café und da sagte der: „Wann willst Du etwas bei uns machen – umsonst?“ Ich dachte mir, ich bin ja eh so viel hier, kenne aber wenig Menschen und: warum nicht? Ich habe an großen Häusern gearbeitet, bin jetzt Rentner und brauche keine Gage. Es ist ja ein kleines Stück, es dauert nur 70 Minuten. Wir haben bei mir in der großen Eingangshalle geprobt. Es ist eine sehr feine Truppe, es macht Spaß.
Das Stück stand also schon fest?
Ja. Und dann fiel mir das Format ein, das hab‘ ich mit diesem Stück erfunden. Es gibt ja die Idee: Schauspieler knien in ihren Schuhen. Das fand ich immer lustig und dachte: Kann man das nicht hinkriegen, dass die damit auch rumgehen können? Die Schauspieler haben die Schuhe an den Knien. Es gibt eine schwarze Mauer, die Schuhe laufen oberhalb dieser Mauer. Das erzeugt sofort Skurrilität. Wenn ein Schauspieler sich nach hinten beugt, verliert er optisch sein Gleichgewicht. Die Schauspieler sind, weil es keine Gänge durch leere Räume gibt, wie Kasperlfiguren gnadenlos an der Rampe. Die Bühne ist nur einen halben Meter tief.
Also: Sie steigern die Absurdität der Handlung durch die Skurrilität der Figurenzeichnung.
Ganz richtig. Da der Zuschauer ja dem Dargestellten sofort einen Sinn unterlegen will, denkt er: Lügen haben kurze Beine. Es gibt keinen „Tatort-Realismus“. Diese Figuren sind wie erwachsene Kinder.
Wie haben die Schauspieler auf diese Regie-Idee reagiert?
Die lieben das! – Man kann knochentrocken direkt sein und gleichzeitig ist es total grotesk. Dieses Extreme kommt durch die Körperlichkeit.
Das erfordert aber von den Schauspielern präzise körperliche Arbeit.
Genau! Man sieht als Regisseur sofort, wo noch Information fehlt. Und die Trockenheit von Loriots Cartoons steht da auch Pate. Zum Beispiel, wie die beiden Männer in der Badewanne immer auf die Ente gucken.
Normalerweise sind die Komödien von Labiche und auch Feydeau von hohem Tempo geprägt. Geht das hier auch?
Das geht genauso. Das Stück selber schrappt ja total an der Lethargie der Personen entlang, die kommen ja aus dem völligen Alkohol-Koma. Das hat manchmal mit großen menschlichen Lehren zu tun – und dann geht’s wieder Tiki-Taki.
Einfach gefragt: Es gibt was zu lachen?
Aber hallo! Und wie! Es ist halt auch tragikomisch, weil diese Figur bereit ist zu morden, um einen Mord zu vertuschen. Und wir als Zuschauer wissen, dass die Zeitungsnachricht ein Fake ist. Die Verzweiflung der Figuren ist also tragisch und komisch. Vergnügen ist garantiert!