Von Klein und Groß und Ober und Nieder

von Redaktion

Warum manche Orte mit dem Nachbarort ein Namenspaar bilden

Ortsnamenpaare: Sind etwa Namens-„Zwillinge“ gemeint wie im Falle von Mühldorf am Inn und Mühldorf in Kärnten? Weilheim in Oberbayern und Weilheim an der Teck? Wäre schon möglich, aber in diesem Beitrag soll es um einige ausgewählte Ortsnamen-„Geschwister“ in unserer Region gehen.

In unserem Bairisch ist zuweilen immer noch bei der Altersbestimmung speziell von Kindern nicht der Unterschied von „älter und jünger“ zu vernehmen, sondern beispielsweise ein Satz wie der folgende: „De Gräjssa (Größere = Ältere, auch: Älteste, hier: Tochter) gehd schoo a d Berufs-Schui!“.

In Ortsnamen ist der „gräjssane“ (größere) nicht immer älter als der „gläjnane“ (kleinere) Teil von Ortsnamenpaaren. Im Falle von Großkarolinenfeld und Kleinkarolinenfeld erfolgte die offizielle Namensgebung nachweislich sogar im selben Jahr, nämlich 1807. Allerdings war dieser Regulierung bereits die Vereinigung der seit 1802 existierenden Dörfer Ober- und Unter-Karolinenfeld zu „Großkarolinenfeld“ im Jahre 1806 vorausgegangen.

Im Falle von Groß- und Kleinholzhausen ist für 804 allein ein „Holzhusen“ erwähnt, bevor es schon im 14. Jahrhundert zur Unterscheidung eines „merern“ von einem „minnern“ Holzhausen kommt. Für 1435 ist schließlich ein „Wenigholzhausen“ belegt.

Keine Ortsnamenspartner haben allerdings Großrain bei Lampferding und Großbrunn bei Albaching. Die Erklärung dafür, warum man dort ein Kleinrain und Kleinbrunn vergeblich suchen wird, liegt an der Mitarbeit unserer Leserschaft. Der Web-Master der Seite „Lampferding“, Thomas Stelzer, hat auf die heutige Aussprache „Goasroa“ und die ältere Schreibung „Goßrain“ für Großrain hingewiesen. Der ehrenamtliche Archivar des Historischen Vereins Bad Aibling, Manfred Schaulies, hat auf die ältere Schreibung „Gosprun“ für Großbrunn aufmerksam gemacht. Die beiden – übrigens sehr kleinen – Orte können mit „gießen“, „Guss“ in Verbindung gebracht werden.

Während die zusätzliche Angabe „groß“ im Gegensatz zu „klein“ nicht nur die Größe einer Siedlung, sondern häufig auch deren Alter bezeichnen kann, kommt bei den Bezeichnungen „alt“ und „neu“ lediglich das Alter der Siedlungen zum Ausdruck, wie etwa bei Altenbeuern und Neubeuern.

Gelegentlich wird bei der jüngeren Siedlung auf das Wort „neu“ verzichtet: Neben Altbabensham steht Babensham, neben Alteiselfing steht Eiselfing.

Ganz konsequent wird bei „vorder“ und „hinter“ unterschieden: Hintergschwendt bei Aschau entspricht Vordergschwendt; im Bereich Brannenburg gibt es Hinterleiten und Vorderleiten ebenso wie Vorderkronberg und Hinterkronberg.

Dem oberen entspricht entweder ein unterer oder niederer „Geschwister“-Ort: Oberreit in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham hat ein Unterreit bei sich stehen, aber dem Oberstetten in derselben Gemeinde entspricht Niederstetten. Nördlich von Oberaudorf liegt Niederaudorf. Besondere Aufmerksamkeit – und wohl auch ein gewisses Schmunzeln – verdienen hier die Namenspaare Oberunterach und Unterunterach in der Gemeinde Edling sowie Oberübermoos und Unterübermoos bei Pfaffing.

Nicht zu übersehen sind die Himmelsrichtungen bei der Namengebung: In der Gemeinde Bruckmühl gibt es Noderwiechs und Sonnenwiechs, im Chiemgau Osternach und Westernach.

Welcher Ort aber ist Partnerort zu Ostermünchen? Die Landeshauptstadt München, quasi als „Westermünchen“? Tatsächlich geht es um die neue Ansiedlung von Mönchen, die aus dem Westen kamen, aber halt nicht „voo Minga“, sondern vom Kloster Tegernsee.

Armin Höfer

Artikel 3 von 6