Grassau/München – Er soll einer von uns sein. Echt? Sieht eher nach einer Echse aus, der Gute: schuppige Amphibienhaut über schlanken und langgliedrigen Extremitäten, Kopf und Glubschaugen gleichen denen eines Chamäleons. Oder eines Aliens? Vielleicht eine Kreuzung daraus? Und dann diese Stimme, auch irgendwie anders – anziehend, man hört gerne hin – egal, ob er spricht oder singt. Und der Name passt zur Figur: Angela Aux II. Florian Kreier heißt der Schöpfer des reptilartigen Wesens. Ein gebürtiger Grassauer, der sich seit seinem Fortgang (sein Abi machte er in Marquartstein) bereits mehrfach gehäutet hat. Aus Florian Kreier wurde nach Politologiestudium in München Singer-Songwriter Angela Aux: Eine Kunstfigur in Frauengewand mit wasserstoffblonder Perücke, die mit Indie-Folk-Songs und einer genialen Band (Aloa Input) die Karriereleiter hinaufstieg und gar bis über die europäische Grenze hinaus Aufsehen erregte. Eindimensionalität dürfte ihm ein Fremdwort sein, er schrieb, textete, veranstaltete von 2007 bis 2017 das multimedial geprägte Festival „Panama Plus“, versuchte sich im Musikjournalismus und veröffentlichte unter dem Pseudonym Heiner Hendrix Kurzgeschichten und Gedichte. Klingt nach einem Allroundtalent, das von Neugier getrieben ein Leben auf der Überholspur führt. Im Gespräch mit der Heimatzeitung berichtete er von seinen Entwicklungen oder sollte man sagen Metamorphosen, seiner Vielveränderlichkeit auch im musikalischen Sinn, die ihm immer neue Türen öffnete, für immer neue Räume. Nun steht ihm eine neue Erfahrung bevor, die ihn zum ersten Chiemgauer macht, der es mit einer Eigenproduktion auf die Bühne der Münchner Kammerspiele geschafft hat, eine erste Adresse. Dort wird sein neuestes Album (sein inzwischen fünftes), „Instinctive Travels on the Paths of Space and Time“, am Samstag, 29. April, in einer Album-Release-Show und als Teil einer Trilogie an den Start gehen – und zwar als Genres übergreifendes Kunstwerk: „Man kann es sich wie ein Theaterstück ohne Schauspieler vorstellen“, erklärt er, „ein transmediales Stück, die einzelnen Bereiche verschwimmen ineinander“. Es wird ein Bühnenwerk aus Musik, Hörspiel und filmischen Sequenzen von Videoinstallationen auf riesiger Leinwand – dazu ausgeklügelte Licht- und Tontechnik, konkretisiert Kreier. Der aus dem Off gesprochene Text stammt aus seinem Buch „Nach dem Ende der Zeit“, einer Sci-Fi-Novelle, und dient als verknüpfende Überleitung zwischen den Songs: Es geht um die Zukunft der Zivilisation, die in hybriden Folksongs zwischen Beatles und Pharrel Williams erzählt wird. Mit von der Partie ist seine Partnerin, die Regisseurin Susanne Steinmassl, die den Sci-Fi-Plot per Videotechnik bearbeitete und mit dieser Visualisierung das Publikum in unterschiedlichste Sphären virtueller Welten entführt. „Die Kunst ist eine sehr wichtige Kraft in unserer Gesellschaft. Es liegt in der Verantwortung des Kunstschaffenden, dieses Kraftpotenzial zu nutzen“, so seine Überzeugung, der er mit dem bevorstehenden Projekt gerecht werden will.
Seine Kunst ist mehr als Unterhaltung oder Musik, sie behandelt philosophische Themen – woher kommt der Mensch, woraus entstand er, wohin geht er und was, wenn seine Zeit auf unserem Planeten abgelaufen ist? Kann Mensch die Menschlichkeit überwinden, als Künstliche Intelligenz weiter existieren – wenn ja, wie?
Als Kreuzung mit dem Teufel, einer Maschine oder mit einem Alien, vielleicht mit einem Tier – etwa als reptiloider Mensch wie Angela Aux II, und so die Evolution im Zeitraffer vorantreiben, damit Mensch, trotz selbst abgeschaffter Lebensgrundlage, überleben kann? Eine spannende und dystopische Vision, die Kreier mit seinen Künstlerkollegen auf die Bühne bringt, und die zu erleben sicherlich eine Reise nach München wert ist. Wer aber am 29. April bereits anderweitig beschäftigt ist, der kann sich über seine Homepage zu weiteren Aufführungsterminen informieren. Zudem sind Songs des Albums schon im Radio oder im Stream abrufbar. Näheres unter www.angela-aux.com. Kirsten Benekam