Kontraste und Wechselspiele im Raum

von Redaktion

Kunstverein Rosenheim präsentiert seine Jahresausstellung „Kunst aktuell 2023“

Rosenheim – Frühlingsatmosphäre und Gartenfest mit Musik und guter Laune – bei der Eröffnung der neuen Jahresausstellung in der Städtischen Galerie in Rosenheim herrschte ein buntes Treiben und „Kunst zum Anfassen“, denn viele ausstellende Künstlerinnen und Künstler waren anwesend oder halfen aktiv als Mitglieder des Kunstvereins bei der Verköstigung mit.

Und wie eigentlich schon bei den letzten Durchgängen demonstriert die aktuelle Exposition als Zeichen nach außen Vielfalt und Stärke, ausgedrückt durch das hohe Niveau der Ausbildungsgänge im Hintergrund. Ein Blick in den Katalog verrät, dass 58 der 72 Ausstellenden ein akademisches Kunststudium absolviert haben.

Wenige sind
reine Autodidakten

Um es deutlich auszudrücken: nicht in einem Ferien-Malkurs an einer selbsternannten regionalen Sommer-Akademie, sondern in mehrjährigem intensivem universitärem Kunststudium, der Nähe gemäß oft an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Die 14 weiteren Ausstellenden verteilen sich auf andere Ausbildungsgänge wie Grafik-Design, ein paar wenige sind reine Autodidakten. Große Vielfalt und ansprechende Hängung und Anordnung machen den Ausstellungsrundgang spannend, überraschend und ästhetisch interessant, hier spiegelt sich die Teamarbeit des Kunstvereins wider.

Ausgesucht wurden die Werke von Leonie Felle, Martin Fritzsche, Melanie Siegel, Hannes Stellner und Martin Weiand, die alle selbst auch ausstellen. Im Eingangssaal fallen zunächst einmal zwei große Objekte ins Auge: Siegfried Urlberger hat ein etwas unkonventionelles Wassergefährt konstruiert, aus Heizöltanks und mit Außenborder ausgestattet. Hintergründiger philosophischer Witz zeigt sich in der Skulptur von Christian Heß: Er hat für das „Häuschen im Grünen“ aus einem grünen Betonwürfel eine Lücke in Häuschenform herausgeschnitten – Wortwitz und Zivilisationskritik in einem. Mehrere Bilder zeigen realistische Abbildungen, sie stammen unter anderem von Lola Cuallado („Machine à enrobé orange“), und Sarah Zageffka („EH.77-2“). Rupert Sparrer fotografierte eine Serie mit Titel „Winterhütten“ und Martin Weiand steuerte eine Schwarzweißfotografie einer mächtigen Brandungswelle bei. Mächtig ist ebenfalls das von Peter Pohl aus Cellulose geschaffene Bild „Mimikry“ – beinah schon eine Plastik, da die Strukturen in den Raum reichen.

Den ersten Preis der Jury erhielt dieses Jahr Heiner-Matthias Priesnitz für seine kaum erkennbaren Bleistiftzeichnungen mit Architekturmotiven, die sich erst bei längerem Hinschauen zeigen. Auch in den weiteren Räumen kann man sich für die Exponate begeistern oder sich von ihnen verblüffen lassen, manchmal im Zusammenspiel von Plastik und Gemälde und Form und Farbe. Wie von den beiden „Andreonauten“ von Katharina Andress als Beispiele innovativer Holzbildhauerei in Nachbarschaft der Linoldrucke des in Rosenheim lebenden Künstlers Michael Bednarik.

Oder durch Josef Hambergers Monsterskulptur „Garm“ in einer Linie mit Sebastian Pollozeks Gemälde „M.P.“, solche Kombinationen inspirieren die Fantasie und liefern ästhetisch-optische Impulse. Regina Baierls Plastik „Maschine“ sticht optisch heraus: eine Art Schrein birgt den röhrenden Hirsch mit Wetterstation, ein skurriler Hingucker. Hochkarätige Fotokunst ist mehrfach vertreten in der Ausstellung, sehr plastisch und ansprechend präsentiert sind die Pflanzenfotografien von Catrin Wechler.

Wenige Meter weiter wird es sogar „hyperrealistisch“: Der Rosenheimer Kunst-Förderpreisträger Gerhard Prokop hielt sich in Genua für Studien vor Ort auf und zeigt in der Galerie „Il futuro del planeta“. Das Großformat (Öl in Leinwand, 80 auf 180), zeigt ein repräsentatives Gebäude im Zusammenspiel mit einer Autobrücke und einem Drachen als Street-Art-Motiv. Besonders beachtenswert sind die Geometrie des Ganzen und die Achsen im Bild. In „Kunst aktuell“ wechseln knallige Farben mit filigranen, feinstofflichen Objekten.

Verstärkung
der Eindrücke

An der Stirnseite des letzten Raums ein knallig rot dominiertes Bild von Petra Amerell ohne Titel, als Plastik etwas unscheinbar an der Seite „Scheibchen-Weise(r)“, quasi schwebende Fäden in einem Kubus von Gertrud von Winckler. So ist die aktuelle Ausstellung auch eine Ausstellung von Kontrasten, von Wechselspielen im Raum und von Verstärkungen des optischen Eindrucks durch das Wechselspiel verschiedenster Werke von vielen Künstlern – Vielfalt eben.

Bis 11. Juni

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