Dimensionen des Grauens in hoffnungsvolle Handlung gebannt

von Redaktion

Raphaela Höfners zeitgeschichtlicher Roman „Von Freiheit und Wundern“ setzt den Schlusspunkt unter ihre Trilogie

Rosenheim – „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon“, sagte der Auschwitz-Überlebende Max Mannheimer in einer Diskussion mit Jugendlichen. Um dieses Postulat angesichts des zunehmenden Antisemitismus aufrechtzuerhalten, ist es notwendig, die Erinnerung an die Schrecken des Holocaust und des Krieges wachzuhalten. Diese Aufgabe erfüllt in besonderem Maße die zeitgeschichtliche Roman-Trilogie „Familienschicksale im Dritten Reich“ der Rosenheimer Autorin Raphaela Höfner, die in München auch als Lehrerin tätig ist. Der dritte Band mit dem Titel „Von Freiheit und Wundern“ kann auch ohne die Kenntnis der beiden vorangegangenen Romane gelesen werden, da die Geschehnisse jeweils durch Rückblenden nachgeliefert werden und auch aus dem Zusammenhang erschlossen werden können. Es ist der Autorin dabei die schwierige Gratwanderung gelungen, die Dimensionen des Grauens und historische Fakten mit einer spannenden Romanhandlung zu verknüpfen.

Im Vordergrund steht die Liebe zwischen der Rosenheimer Arzttochter Hannah und dem jüdischen Apothekerssohn Jacob, die in der Zeit des Nationalsozialismus aufs Äußerste bedroht ist. Nachdem die ersten beiden Romane die Zeit von 1933 bis Ende August 1942 schildern, in der unter anderem das Paar durch die Deportation Jacobs und seiner Familie getrennt wird, beginnt der dritte Band im Oktober 1942. Hannah verlobt sich mit ihrem Widersacher, dem SS-Oberführer Erich Winter, um mit diesem nach Auschwitz zu reisen, weil sie hofft, ihren dorthin deportierten Geliebten Jacob zu finden…

Zahlreiche Handlungsfäden, die zu Beginn der Trilogie geknüpft worden sind, werden kunstvoll miteinander verbunden und schließlich zusammengeführt. So erfährt man von den grausamen Kämpfen und Gräueltaten an der Ostfront, wo Hannahs Bruder Hermann als Arzt Schreckliches erleben muss, erhält Einblick in den Widerstand durch die Tätigkeiten von Hannahs Freundin Marlene, einer mondänen Sängerin, oder wird Zeuge grauenvoller Zustände im Vernichtungslager Auschwitz.

Reale historische Personen und Tatsachen werden dabei in die Handlung miteinbezogen, wie beispielsweise Rudolf Höß, der Kommandant von Auschwitz, der Erich Winter durch das Lager führt, oder Josef Mengele, der junge Häftlingsfrauen mit bestialischen Versuchen quält. Sogar der Vorgang der Vergasung wird aus der Perspektive Erich Winters beschrieben. Höfner gelingt es durch die Schilderung solcher Grausamkeiten, die sich eigentlich jeglicher Vorstellungskraft entziehen, dem Leser ein Bild des größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte vor Augen zu führen.

Raphaela Höfner veranschaulicht auf diese Weise mit ihrem Roman einfühlsam und detailliert eine dunkle Epoche der deutschen Geschichte, indem sie auch aus unterschiedlichen Perspektiven mit viel innerer Handlung erzählt und die handelnden Charaktere differenziert darstellt. Die Übersichtskarten am Schluss des Buches erleichtern dem Leser das Zurechtfinden mit der komplexen Topografie, die Titelbildgestaltung Michaela Stockers setzt einen empfindsamen Kontrapunkt zu den Grausamkeiten der Epoche.

Richard Prechtl

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