Rosenheim – Eine unkonventionelle Veranstaltung gab es im Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Rosenheim am Mühlbachbogen 5: Vermittelt durch die Städtische Galerie Rosenheim erhielt der Künstler Bernhard Paul Gelegenheit zur Präsentation einiger seiner teils großformatigen Werke in Öl- und Acrylfarbe. Vor dem spektakulären, beeindruckenden Werk „agens III“ (Öl auf Leinwand, 200 mal 280 cm, entstanden 2019) führten der Künstler und Galerieleiterin Monika Hauser einen erfrischenden Dialog. Darin gestand Paul, dass er sich stark von Musik inspirieren lässt. Sein Atelier befindet sich in der Kunstmühle, wo man die Turbinengeräusche wahrnimmt – doch in laut aufgedrehtem Sound findet Paul zu seinem speziellen Flow. Komponisten wie Steve Reich mit komplexen rhythmischen Klangstrukturen oder der späte Frank Zappa versuchten, mit ihrer Musik etwas aufzubrechen, so wie er selbst auch, so der Rosenheimer Maler. Paul hat an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert und 2010 mit Diplom abgeschlossen.
Interessant waren die Ausführungen zur Art der Motivik: Paul betonte, dass seine Art zu abstrahieren keine Gegenständlichkeit, keine Objekte als Vorlage benutzt, ihm gehe es um Farben, um deren Wirkung und um Übergänge. Hauser ergänzte humorvoll, dass sich viele Galeriebesucher an den Titeln der Kunstwerke orientieren wollten, sie krallten sich förmlich fest daran in der Suche nach etwas konkret Fassbarem. Das Bild „agens III“ bannte länger den Blick der Gäste der Vernissage. Es spielt raffiniert mit den Augen der Betrachter, mit Erwartungen, denn das Abstrakte darin agiert gerade so „an der Grenze“. Man spürt förmlich das eigene Gehirn arbeiten, gibt es Muster, welche Gegenstände sind abgebildet – Häuser? Fahrzeuge, eine Straßenbahn vielleicht?
Das Bild allein gibt diese Motive jedoch nicht her, vielleicht eine stille Sehnsucht also physisch erkennbaren Vorlagen? In den Foyers der jeweiligen Stockwerke sind weitere Bilder von Paul zu sehen, es sind teils farbenfrohe Werke aus den Serien „interlude“ und „prelude“ sowie stäbchenförmige Strukturen aus der Serie „modus“. Alle sind käuflich zu erwerben. Die Ausstellung in den Räumen der Stadtwerke ist halböffentlich, das heißt, Interessenten können sich gezielt bei der Galerie anmelden, unter galerie@rosenheim.de, diese Tage wird auch ein weiterer Besichtigungstermin unter Anwesenheit von Bernhard Paul persönlich bekannt gegeben.
Die aktuelle Ausstellung ist der Auftakt einer Kooperation unter dem Titel „KUNST & stadtWERKE“, in dem lichtdurchfluteten Gebäude mit viel Glas und Betonoptik kommen Kunstobjekte gut zur Geltung, die großflächigen Fenster bieten ungewohnte Blicke auf die Stadtlandschaft.
Andreas Friedrich