Seeon – „Was der Wald erzählt“ – romantisch, stürmisch, spannend „Chiemgauer Musikfrühling“ im Festsaal im Kloster Seeon. Nicht wie gewohnt gab es ein Motto beim vorletzten Konzert des 20. „Chiemgauer Musikfrühling“, das von unterschiedlichen Komponisten interpretiert wurde, sondern diesmal ausschließlich Stücke von Antonin Dvorak (1841 bis 1904) zum übergeordneten Thema „Was der Wald erzählt“.
Melancholie,
Zorn und Wut
Und der Wald konnte eine Menge erzählen, vor allem von seinen eindrücklichsten, tiefsten Emotionen, von glückseliger Romantik bis zu Melancholie, Zorn und Wut. Die fünf Musiker um den Initiator des Musikfrühlings, Razvan Popovici, spielten zu Anfang „Vier romantische Stücke für Violine und Klavier“ in vier Sätzen, arrangiert für Klavier, Geige und Bratsche. Da Diana Ketler am Klavier wegen eines Sturzes ausfallen musste und lediglich moderierte, spielte der Argentinier Jose´ Gallardo, einer der international gefragtesten Pianisten für Kammermusik. Trotz der nur äußerst kurzen Probemöglichkeiten harmonierte sein inspiriertes, wunderbar zartes Spiel auf dem Klavier mit der virtuos gespielten Violine von Erik Schumann und der Bratsche von Razvan Popovici hervorragend.
Nach dem insgesamt eher ruhigen, emotional ergreifenden „Terzetto für zwei Violinen und Viola“, opus 74, umgeschrieben für Klavier (José Gallardo), Geige (Erik Schumann) und Violoncello (Justus Grimm) folgte vor der Pause die „Waldesruhe“ Nr. 5 für zwei Geigen. Es brillierten die finnisch-amerikanische Virtuosin Elina Vähälä auf der Geige und der 1982 in Köln geborene Sohn deutsch/rumänisch-japanischer Eltern Erik Schumann, der auf einer Stradivari-Violine von 1713 spielt, sowie Razvan Popvici auf der Bratsche. Dieses eine Stück spielten die Drei im Stehen, wobei viele Zuhörer glaubten, zu den wunderschönen, romantischen Tönen diesmal auch irgendwie das eher unmelodische Knacken der Äste im Wald zu hören. Bei näherer Beobachtung stellte sich heraus, dass das Knacken die Holzbühne des Seeoner Festsaals verursachte, der normalerweise mit einem Teppich belegt ist. In der Pause konnten die Besucher in den ehrwürdig historischen Gängen von Kloster Seeon flanieren, aber bei den warmen Frühlingstemperaturen auch im Freien im Klosterhof oder am nahen See. Danach erklang das Klavierquintett in A-Dur, Nr. 2 in vier Sätzen, „die vielleicht glücklichste Musik in der Welt“, wie es Diana Ketler ankündigte. Das Stück gilt als eines der schönsten Kammermusikwerke Dvoraks und ist gleichzeitig ein ungewöhnlich kompaktes, meisterhaft durchgeformtes Stück. Am Klavier wieder José Gallardo, dessen Tastenkunst wunderbar mit den zarten Tönen von Razvan Popovicis Viola harmonierte, Elina Vähälä und Erik Schumann brillierten auf der Geige, dazu als Meister auf dem Cello Julian Arp. Die vollendete Harmonie der Musiker, die sich hie und da lediglich durch Blickkontakt verständigten und dabei tief konzentriert, quasi mit jeder Faser ihres Körpers und Geistes selbst zur Musik wurden, dürfte seinesgleichen suchen.
In den
Bann gezogen
Kein Wunder, dass das Publikum vollkommen in den Bann dieser wunderbaren Musik gezogen wurden.
Am Ende brach ein jubelnder Beifallssturm aus, sodass die Musiker immer wieder auf die Bühne mussten. Trotz der Abschlussmatinee am nächsten Tag ließen sie sich noch zu einer Zugabe erweichen. Das Finale Allegro wurde noch mal – noch schneller als zuvor – gespielt.