Drachentöten einmal ganz anders

von Redaktion

Die Theatergruppe der „Vetternwirtschaft“ inszeniert die politische Komödie „Der Drache“ von Jewgeni Schwarz

Rosenheim – Was passiert, wenn ein Ritter der Tafelrunde auf eine Bevölkerung trifft, die von einem Drachen unterjocht wird, der noch dazu regelmäßigen Tribut in Form einer jungen Frau einfordert? Richtig: Dieser Ritter wird den Drachen töten, die Bevölkerung vom Joch befreien und in der Regel selbst mit der geretteten Dame in den Sonnenuntergang reiten. Aber was passiert, wenn sich der Ortsvorsteher und die Bevölkerung mit der Situation arrangiert haben und auch die Opferdame nicht so richtig gerettet werden will? Dann kommt es zu einer abstrusen Situation mit komplexen Fallstricken und Verwicklungen – der russische Autor Jewgeni Schwarz hat dies in ein dreiaktiges Märchenstück in Parabelform gepackt. Zu sehen ist das aus dem Jahr 1943 stammende Stück, welches die Konstellation aus Diktatur und Untertanengeist beleuchtet, gerade in einer Inszenierung der Vetternwirtschaft. Dort gibt die Freilichtbühne im Biergarten, umrankt von Vegetation und mit Blick auf einen Menhir, einen passenden Rahmen. Auf der Bühne agieren Urgesteine der einheimischen Alternativtheaterszene, einige mit langjähriger Schauspielkarriere.

Das Stück setzt ein mit dem auf einem Sofa schnurrenden Kater Mariechen, nuancenreich und mit gekonnter Mimik dargestellt von Hannes Opperer. Der Ritter Lanzelot trifft ein, mit Drachentötermotiv auf der Jacke und Bundeswehr-Barett (souverän und mit sonorer, gut verständlicher Intonierung James Schmidt). Er informiert sich über die Situation und lernt Elsa kennen, das nächste Opfer (gekonnt naiv: Mareile von Rochow), Tochter des Archivars Charlemagne (überzeugend: Sabrina Glasbrenner).

Karl Burger schlüpft gekonnt in die „drei Gesichter“ des Drachen, agiert in der Bandbreite von dandyhaft-schleimig bis hin zu aufbrausend und donnernd, dann untermalt von mächtigem Hintergrundsound (Ton: Joffy Himmler), seine rapunzelhaften Ausbrüche auf der Sparversion des „Eisernen Throns“ sind ein Vergnügen. Großes, komödiantisches Kino sind die Monologe und Statements des Bürgermeisters, mit grandioser Mimik und Cholerik wie bei Louis de Funes – hier ist Barbara Hofmann in einer Paraderolle zu erleben, was allein schon den Theaterbesuch lohnt. Alle anderen im Team machen ihre Sache gut: Bernhard Kalich als Bürgermeistersohn moderiert schmunzelnd das Geschehen, sehr charmant wirken Verena Fromm und Kerstin Pape als Eseltreiberinnen, Bernhard Bindl verkörpert einen geschniegelten Präsidenten und Michael Klein und Susanne Liewald übernehmen kleinere Rollen. So kann man also gespannt verfolgen, wie sich der Ritter Lanzelot in den Wirren dieses sich arrangiert habenden Königreichs zurechtfindet, wie der Kampf mit dem Drachen ausgeht und wie der korrupte Bürgermeister profitiert und seine Version der Dinge mit Propaganda präsentiert. Zu danken ist der Vetternwirtschaft, dass sie das in der Sowjetunion verbotene Stück zugänglich aufbereitet – sicher wird man in den Bühnendialogen einige Parallelen zu aktuellen politischen Konstellationen entdecken.

Die nächsten Aufführungen sind am Freitag, 23. Juni, und Samstag, 24. Juni, jeweils um 20 Uhr in der Vetternwirtschaft in der Oberaustraße. Andreas Friedrich

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