Warum Aßling, Bichl und Wiechs typisch bairische Namen sind

von Redaktion

Eine Reise von Südengland nach Schottland: Fast unmerklich ändert sich die Schreibung der englischen Orts- und Landschaftsnamen! Heißt es im Süden noch „Chester“ und „Manchester“, lauten die Namen weiter nördlich „Doncaster“, „Lancaster“. All diese Namen leiten sich von Lateinisch „castra“ = (Feld-)Lager her, wurden aber von den einzelnen Dialekten verschieden artikuliert: von Westsächsisch im Süden, von Anglisch im Norden. Noch ungewöhnlicher sind die Bezeichnungen für Berge, Täler und Seen in Schottland: Ben (= Berg) Nevis, Glen (= Tal) Affric, Loch (= See) Ness.

Was alle diese Namen gemeinsam haben: Sie sind hochsprachlich, das heißt, in allen Reiseführern und Landkarten derart genannt und geschrieben, obwohl sie zunächst dialektale Bezeichnungen waren.

In unserer südost-oberbayerischen Region sprechen wir – vor allem die etwas älteren Mitbürger – unser Orts- und Landschaftsnamen immer noch auf guad Boarisch aus: Rosenheim als Rousnam, Bad Aibling als Oabling, Törwang als Diawin. Schön und gut: Aber diese Namen weichen in ihrer bairischen Aussprache sehr stark vom schriftdeutschen Standard ab, in dem sie nach wie vor verfasst sind.

Aber gibt es vielleicht auch Orts- und Landschaftsnamen, die zwar in ihrer Schreibung als dialektal erkannt werden können, aber zugleich als hochsprachlich akzeptiert sind? Abling, Acherting, Anzing, Arbing, Aßling und Atzing weisen in älteren Schreibungen zum Teil das Symbol für das helle bairische A auf, nämlich die Schreibung mit Ae: Wir kennen Aebling, Aeherting, Aetzlinge. In nördlicheren Gefilden Deutschlands wären diese Namen aber nicht mit hellem A gesprochen und geschrieben worden, sondern mit Ä oder E, siehe etwa Essingen in Luxemburg oder Esslingen in Baden-Württemberg.

Aber zugegeben: In ihrer Schreibung wirken Aßling und die anderen Namen für Leser aus fremden Regionen von Haus aus nicht dialektal, denn im Norden wird jedes A (sehr) hell ausgesprochen; allein die Hiesigen unterscheiden in ihrem Standarddeutsch (noch!) zwischen hellem A und dunklem A.

Diese Tatsache gilt insbesondere für das Wort „Ast“: Mit dunklem A ist das der Zweig eines Baumes, mit hellem A gesprochen ist die Ortschaft Ast in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham gemeint, die sich von owist = Schafstall herleitet.

Ein klarer, auch deutlich sichtbarer Unterschied zeigt sich bei den Ortsnamen Bühl und Bichl. Beide Namen haben ihren Ursprung in althochdeutsch (750 bis 1050) puhil = Hügel, Anhöhe. Sie haben sich unterschiedlich in ihren jeweiligen Dialekten entwickelt, aber beide Formen, Bühl wie Bichl, sind schriftsprachlich geworden, wobei Bichl besonders in unserer Region dominiert (wenn auch zumeist als „Bihi“ gesprochen).

Weichs und Wiechs, sprachlich entstanden aus lateinisch vicus und vecus = Dorf, kommen allein im Raum Dachau, Bruckmühl und Bad Feilnbach vor, wenn man von einem Wiechs in Baden-Württemberg absieht. Im hohen Norden finden wir hier die Schreibung „Wiek“. Variatio delectat – auch im Bereich der deutschsprachigen Ortsnamen! Armin Höfer

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