Ganz im Stil von gruseligen B-Movies der 50er- und 60er-Jahre

von Redaktion

Bjørn Melhus präsentiert seine Videoinstallationen „The Castle“ beim Rosenheimer Kunstverein

Rosenheim – Bei der Jahresausstellung des Kunstvereins in der Städtischen Galerie gab es schon einen Vorgeschmack, jetzt war es so weit: Der international renommierte Video-Künstler Bjørn Melhus eröffnete seine Ausstellung „The Castle“, die bis 30. Juli beim Rosenheimer Kunstverein zu erleben ist. Melhus ist ein deutsch-norwegischer Medienkünstler, an der Kunsthochschule Kassel arbeitet er seit 2003 als Professor für Virtuelle Realitäten. Seine Werke genießen weltweit Aufmerksamkeit, so zeigten also bereits die Tate Modern in London, das Centre Pompidou in Paris oder das Whitney Museum New York seine Arbeiten.

In ihrer Begrüßung betonte Dr. Olena Balun vom Vorstand des Kunstvereins den gleichermaßen abgründigen wie humorvollen Charakter der beim Kunstverein zu sehenden Filme, es seien „eigene Werke, die an vieles in den Massenmedien erinnern“. Dr. Björn Vedder, Publizist und Philosoph, ging weiter auf den Aspekt „Heim“ ein, Melhus arbeite mit den Begrifflichkeiten „Heimlich“ und „Un-heimlich“. Er zeige damit das „Heim“ auf andere Art, in der Deutung der Philosophen Horkheimer und Adorno. Ganz im Stil von gruseligen „B-Movies“ der 50er- und 60er-Jahre ist denn auch der Trailer „The Castle“ gedreht. Seltsame Mächte – die jedoch nicht zu sehen sind – bedrohen im ersten Video eine Burg, das Gemäuer wackelt. Dazu erscheinen Untertitel wie „Evil“ oder „Fear“ als Ausdruck des Grauens. Dann schließt ein Priester das Burgtor – der nicht gedrehte Kinofilm soll im Kopf der Betrachter ablaufen. „Dramatic music continues“ ist eine reine Aneinanderreihung von Film-Untertiteln aus Kriegsfilmen, auch hierzu sollen die weiteren Bilder assoziiert werden. Video Nummer drei zeigt Gesprächsszenen in einem vermeintlich normalen Haus, außen ist die Deutschlandfahne an einem Balkon zu sehen. Doch die Harmonie trügt: Auf dem Sofa liegt ein Mann im mittleren Alter, mit Holzfällerhemd und wildem Bart. Vermutlich sind die Assoziationen an John Rambo beabsichtigt – in den Dialogen mit einer klavierspielenden Mutter geht es um Leiden und Verstörung, um Traumata durch Kriegshandlungen.

Die Familienmitglieder werden zu Dämonen und hinter einer Wand lauert ein unheimliches Wesen. Melhus bezieht sich in seinem Nachspann auf Hollywoodfilme wie „Valley of Elah“ oder „Coming Home“ und stellt das Leid von Kriegsteilnehmern in den Vordergrund. Ebenfalls sehr beklemmend bis gruselig ist der Kurzfilm „Homesick“: Darin sind verschiedene unheimliche Gestalten in dunklen Räumen zu sehen, die Umgebung wird zu einem Labyrinth des Schreckens und der Verzweiflung. Hier zitiert Melhus die Stereotypen aus Endzeit- und Zombiefilmen, übersteigert die Schreckenseffekte auf groteske Weise. So entsteht eine zweite Lesart, ein doppelter Boden im Sinne von satirischer Wirkung. Melhus´ Intention war eine drastische Visualisierung mentaler Zustände in Zeiten der Pandemie – so grotesk, dass man bei der Interpretation von Dr. Björn Vedder schon wieder befreit lachen konnte. Andreas Friedrich

Öffnungszeiten

Artikel 4 von 9