Rosenheim – Zum 25-jährigen Bestehen von Alfons Röckls „Kleiner Werkraumgalerie“ in der Heilig-Geist-Straße sind derzeit 56 nummerierte sowie über 20 weitere Werke des Rosenheimer Künstlers und Galeristen zu sehen. Eine „Petersburger Hängung“ der klein- bis mittelformatigen Bilder ist somit in den drei Räumen der „Kunstwohnung“ sowie im Flur und im Treppenhaus unvermeidlich und schafft eine breite Übersicht auf das Schaffen des vitalen 84-Jährigen.
Als Ausstellungspartner hat sich Röckl dazu den Penzinger Architekten und versierten Amateur-Bildhauer Richard Wenzl ausgewählt, dem er seit Jahren freundschaftlich verbunden ist. Dessen 18 hier positionierte Arbeiten unterschiedlicher Größe ergänzen die Bilderschau durch Skulpturen aus Holz, Marmor, Alabaster, Kalk- und Sandstein bis hin zu Metall, zum Teil auch im Materialmix.
Wenzl hat sich immer schon handwerklich mit Gestaltung beschäftigt, aber erst nach einer Bildungsreise 1995 durch Italien hat er sich in der Freizeit verstärkt dem Schaffen von Skulpturen zugewandt, die der 64-Jährige seit 1998 nun in seinem Atelier bei Eiselfing erarbeitet. Angeregt durch die Bekanntschaft mit Röckls Vormieter, dem Künstler und Galeristen Rudolf Wolfbeisser, hat er seitdem immer wieder an Gemeinschaftsausstellungen in der Galerie teilgenommen.
Neben ein paar größeren Objekten aus Holz, die schwungvoll emporragen wie der „Tänzer“ aus Zwetschgenholz, zeigt Wenzl Kleinskulpturen aus Stein, die gekonnt Figürliches auf das Wesentliche reduzieren, wie das kuschelnde „Paar“ aus Sandstein, oder „Mutterglück“, eine Umarmung in Alabaster. Eine Ausformung von Gegensätzlichkeit könnte die rote Sandsteinskulptur „Spiegelbild“ darstellen, wo sich eine runde und eine kantige Figur gegenüberstehen, aber der Titel lässt eher auf etwas Verbindendes schließen, wie die gemeinsame Basis ausweist – eine spannende Inszenierung. Mit der weißgrauen Alabasterarbeit „Lebensquelle“ hat Wenzl eine komplexe Versinnbildlichung des weiblichen Geschlechts geschaffen.
Von groß bis klein, von figürlich bis abstrakt, von belebten Szenen bis zur bloßen Farbkomposition zeigt Alfons Röckl einen Querschnitt seines Schaffens. Da sind kleine, fast bilderbuchhafte Straßenszenen – in einer, betitelt „November“, meint der Betrachter, einen gebeugten Don Camillo auf dem Weg in die Verbannung zu erkennen – eine andere lässt schemenhaft Rosenheimer Fassaden erkennen. Andererseits zeigt der Maler abstrakte Farbkompositionen wie „Impression“, die an Kandinskys Sujets erinnert. Auch große Arbeiten, wie die das zerbrechliche Boot der „Überfahrt“ oder das Kruzifix in „“Wo bin ich?,“ einerseits und die abstrakte gelbe „Himmelfahrt“ (Nr. 15) andererseits, füllen die Bandbreite der Bilderschau. Dann wieder entdeckt der Besucher in Ecken und Winkeln ein Geistergesicht, wie etwa in der Nr. 19 in einer Fensterleibung, oder einen Lesenden in „Erscheinung“ (Nr. 9). Röckls zahlreiche Miniaturen erzählen Geschichten, bieten Einstiege in atmosphärische Vexierbilder – und laden zum Sich-Hineinversenken ein.
Bei seiner kurzen Eröffnungsansprache ging Röckl auf die Geschichte des Hauses ein, das 1615 erstmals als „Buchbinderhaus“ eines Johann Stöckl erwähnt ist, wo dieses Gewerbe bis 1766 ausgeübt wurde. Damit ist der Übergang zum Hinweis auf die acht großformatigen Gästebücher der Galerie geschaffen, die hier zur Einsicht ausliegen und nicht nur Unterschriften und Kommentare, sondern auch Fotos und Presseberichte beinhalten. Im roten Ledersessel bequem sitzend, kann der Besucher durch 25 Ausstellungsjahre in der „Kunstwohnung“ blättern, auf Fotos inzwischen verstorbener Künstler, wie Gertruda Gruberova, Heribert Bartholomaeus Wappmannsberger oder Rolf Märkl, blicken und dabei feststellen, welch‘ bedeutender kultureller Mikrokosmos diese intime Galerie für die Stadt Rosenheim war, aktuell ist und weiterhin sein wird.
Hendrik Heuser