Rosenheim – Wie kam es zur Vergabe des überregional bedeutsamen, „großen“ Bayerischen Jazzfestivals an das „kleine“ Le Pirate? Diese und weitere Fragen stellten wir an Tizian Jost, der nicht nur seit 2012 dem Bayerischen Jazzverband vorsteht, sondern in München Jazz lehrt und auch als Pianist und Vibrafonist selber auf der Bühne steht.
Lieber Herr Jost, das Bayerische Jazzfestival in Rosenheim ist wohl Ihnen zu verdanken – was war denn der Stein des Anstoßes?
Nun, das Bayerische Landesjazzfestival selbst existiert ja in dieser Form bereits seit 2016 und möchte den Fokus auf die verschiedenen in Bayern existierenden Jazzfestivals einerseits richten, andererseits neue Orte für den Jazz erschließen. Das „Le Pirate“ hatte ja bereits während der Corona-Zeit ein kleines Festival laufen und so war die Idee, das Landesjazzfestival 2023 nach dem vorjährigen Spielort Bayreuth mit dem „Pirate“ als Kooperationspartner in Rosenheim durchzuführen, sehr naheliegend.
Als Jazzdozent verfügen Sie ja einen guten Überblick über die Szene. Welche Rolle spielt denn unser Club „Le Pirate“ auf der bayerischen Jazzbühne?
Das „Le Pirate“ hat absoluten Kultstatus in der Jazzszene. Das liegt natürlich an der Historie des Clubs, dann auch an der ehemaligen langjährigen Betreiberin und guten Seele, Petra Rose. Ich freue mich, dass der Verein um Wolfgang Lentner diese schöne Geschichte um weitere spannende und swingende Kapitel erweitert.
Wie ist eigentlich die Jazzszene durch die Corona-Zeit gekommen, gab es da Verluste?
Vorausschicken muss ich bei der Antwort auf diese Frage, dass ich selbst aufgrund meiner Dozententätigkeit an der Musikhochschule finanziell passabel durch die Pandemie gekommen bin. Für die Kollegen und Kolleginnen aber, die vom Konzertieren leben oder zumindest einen Großteil ihres Einkommens daraus beziehen, war es natürlich eine harte Zeit, wenn auch der Staat, anfänglich mit einiger Verzögerung, die Härtefälle ganz ordentlich unterstützt hat. Positiv an dieser Situation war, dass die Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der Politik für die Bedarfe der freien Szene in der bayerischen Kulturlandschaft geschärft wurde.
Sie treten ja auch selber auf während des Festivals, was erwartet die Gäste?
Wir werden mit dem Bayerischen Landesjazzensemble dieses Jahr in einer Formation auftreten, die eine, wenn man das so sagen will, ganz klassische Besetzung des Jazz ist, nämlich als Sextett mit einer Frontline, bestehend aus Trompete, Tenor-Saxofon und Posaune, ergänzt durch Klavier, Kontrabass und Schlagzeug, Kenner wissen, dass das die Instrumentierung von Art Blakey’s Jazz Messengers war. Aus dem bisherigen Ensemble sind dabei: Claus Reichstaller – Trompete, Bastian Jütte am Schlagzeug und ich am Klavier. Dieses Jahr neu dazu kommen Till Martin – Tenorsaxofon, Jürgen Neudert – Posaune und Rudi Engel am Kontrabass. Eine absolute Top-Besetzung. Interview: Andreas Friedrich