Rosenheim – Am 1. September 1782 schreibt Friedrich Schiller an den Herzog von Württemberg einen devoten Brief. Der Dichter bittet den Herzog, literarisch tätig sein zu dürfen. Doch Schiller erhält keine Antwort. Da ihm Festungshaft droht, sieht er sich gezwungen, nach Mannheim zu fliehen. Schiller will sich weiterentwickeln.
Sein neuestes Stück „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ wird jedoch abgelehnt und erst 1784 in Mannheim aufgeführt. Der Germanist Dr. Michael Schmidt zeichnete in einem erhellenden Vortrag Entstehungsgeschichte und Inhalt von Schillers Fiesco nach. Schmidt sprach auf Einladung der Goethe-Gesellschaft Rosenheim im Künstlerhof am Ludwigsplatz.
Als Schiller seinen Freunden im September 1782 aus dem „Fiesco“ vorliest, stößt er wegen seiner schwäbischen Aussprache und einem hochtrabenden Ton auf Unverständnis. Sein republikanisches Trauerspiel basiert jedoch auf historischer Grundlage. 1547 versuchen genuesische Adelsfamilien die Macht der Dorias in einem Komplott zu stürzen. Dabei wird Andrea Dorias Neffe Giannettino ermordet. Doch der alte Andrea Doria durchkreuzt die Pläne seiner Gegner, darunter des Verschwörers Fiesco, der die Macht an sich reißen will.
Gilt Andrea Doria als weise, ist sein Neffe ein brutaler Alleinherrscher in einer korrupten und verlogenen politischen Welt. Giannettino verdingt den Mohren Hassan, einen Mordanschlag auf Fiesco zu verüben. Fiesco aber, dem es gelingt, Hassan auf seine Seite zu ziehen, will die Freiheit Genuas nur erkämpfen, um sie nach dem Sieg im Sinne Machiavellis sofort den eigenen Machtgelüsten aufzuopfern. Als Alleinherrscher gehe es ihm laut Schmidt lediglich um Macht und Manipulation des Volkes. Denn Fiesco täuscht seine Umgebung und lässt erst am Schluss die Maske fallen. Gegenspieler Fiescos ist der Republikaner Verrina, der bald Fiescos Absichten durchschaut.
„Schiller hat die Hofwelt negativ dargestellt“, erklärte der Referent.
Fiescos Frau Leonore geht mit ihrem rücksichtslosen Gemahl hart ins Gericht. Als sie den Purpurmantel des toten Giannettino trägt, wird sie von Fiesco aus Versehen ermordet, was dieser als Zeichen der Vorsehung ansieht, um sein Herz „für die nahe Größe“ zu prüfen. Verrina entscheidet sich für die republikanische Staatsform und stößt Fiesco ins Meer. Fiesco ertrinkt.
Schiller, der sein oft missverstandenes und abgelehntes historisches Drama ein Jahr nach der Uraufführung der Räuber vollendete, habe mit dem „Fiesco“ den gegenüber Eckermann geäußerten Rat Goethes beherzigt, einen bereits gegebenen Stoff zu behandeln: „Da werden Fakta und Charaktere überliefert, und der Dichter hat nur die Belebung des Ganzen.“
Zudem habe Schiller laut Schmidt gleichsam die Botschaft der Klassik befolgt, Konflikte durch Sprache zu lösen.Georg Füchtner