„Da wächst ein jeder Einzelne“

von Redaktion

Interview Cornelia von Kerssenbrock über Mahlers „Auferstehungssymphonie“

Immling – Das Immling Festival bringt Gustav Mahlers
2. Symphonie zur Aufführung. Cornelia von Kerssenbrock brennt für Mahlers Monumentalwerk: Hundert Orchestermusiker und -musikerinnen, der Festivalchor und zwei Solistinnen proben seit einer Woche. Von Kerssenbrock, seit 2002 musikalische Leiterin des Immling Festivals, sprach mit den OVB-Heimatzeitungen über ihre Arbeit an Gustav Mahlers Komposition – und ihre Beweggründe, seine „Auferstehungssymphonie“ im Rahmen des diesjährigen Opernfestivals aufzuführen.

Wie kommt es, dass neben Oper nun auch ein Symphonisches Werk im Programm aufgenommen wurde?

Nach dem großen Erfolg der Carmina Burana und Dvoraks 9. Sinfonie im letzten Jahr und der spürbaren Offenheit unseres Publikums reifte der Wunsch, auch in dieser Spielzeit wieder ein bekanntes klassisches Werk in unser Programm aufzunehmen. Ich habe Mahler studiert und schätze ihn sehr.

Zudem passt seine 2. Symphonie in das Spielzeitmotto „Zwischen.Welten“. Die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit, Abschied, Trauer und der Hoffnung auf Auferstehung. Mahler musste in seinem Leben viele leidvolle Krisen überstehen. Krisengebeutelt sind auch die Zeiten, in denen wir leben.

Das sind große Themen, die jeden Menschen betreffen. Wie tief müssen Sie emotional einsteigen, um sie an Ihre Musiker und somit an den Zuhörer zu transportieren?

Ohne Gefühl geht natürlich nichts. Da wird intensiv gearbeitet, gefeilt und sich hineingespürt. Das ist ein Geben und Nehmen. Was ich im Dirigat gebe, bekomme ich vom Orchester zurück und so verhält es sich auch innerhalb des Orchesters. Mahlers Komposition verlangt, allein schon aufgrund ihrer spieltechnisch hohen Anforderungen, detaillierte Ansagen, die letzten Endes maßgeblich für ein vollendetes Klangerlebnis sind. Schließlich sind es über hundert Musikerinnen und Musiker, zwei Solistinnen und ein gut geprobter Festivalchor, die unter meinem Dirigat, wie auch untereinander im harmonischen Austausch agieren müssen.

Was erwartet den Zuhörer?

Weil die Themen im Menschlichen begründet sind, wird die Musik eben da ankommen, von wo aus Mahler sie schöpfte, aus seiner inneren Suche, seiner Zerrissenheit, der Hoffnung auf eine gute Auflösung und Herausführung aus der dunklen Trauer und dem Hochgefühl einer Auferstehung. All das wird dem Empathie-fähigen Zuhörer aus der Sprache der Musik bewusst.

Wie lange wird geprobt?

Routinierten Musikern wird eine Woche täglich sechs Stunden intensives Proben reichen. Nachdem natürlich, ein jeder für sich, am Instrument Vorarbeit geleistet hat.

Ein intensiver Arbeitsprozess, der zusammenschweißt?

Stimmt. Da wächst ein jeder Einzelne und alle miteinander.

Wie sehr reift ein Musiker in der Auseinandersetzung mit derlei tiefgründigen Werken?

Was mich angeht, sehr. Es kostet Kraft, aber es kräftigt zugleich. Es lässt mich, und so wird es vermutlich auch den Musikern gehen, in gewisser Weise Grenzerfahrungen machen, die mich in meinem musikalischen Schaffen, aber auch rein menschlich, wachsen lassen. Interview: Kirsten Benekam

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