Satte elektronische Beats erfüllen den Schlossinnenhof

von Redaktion

„Nacht der Kunst“ auf Schloss Amerang mit Clubmusik und Neonillumination an der Fassade – Atmosphärisch aufgeladene Instrumentalstücke

Amerang – Amerang leuchtete! In der wahrscheinlich wärmsten Nacht dieses Sommers sah man selbst aus der Ferne das helle Neonlicht über dem Schlossareal. Ein ungewöhnlicher Anblick, der der „Nacht der Kunst“ geschuldet war. Von überallher waren die Besucher angereist, elegant in Schale geworfen, manche im extravaganten Outfit selbst schon Kunstwerk. Ob geladene Gäste oder zahlendes Publikum, alle einte die Neugierde auf das bis dato nur vage formulierte Programm.

Der Schlossgarten bot mit illuminierten Skulpturen von Jonny Morandi und der mit bunten Farbstrahlern bespielten Schlossfassade (JoJo Tillmann) ein stimmiges Setting. Vorbei an smarten Spiegelbildern (ebenfalls Morandi) führte der Weg über den Söller in den unbestuhlten Arkadenhof. Im Gewölbekeller trafen semiabstrakte Acrylgemälde von Julia von Solemacher auf gemalte Technik von Hendrik Müller. Eine Klammer zum Neonlicht draußen und einen Hingucker obendrein bildete ein fluoreszierender, hyperrealistisch gemalter Akt in Acryl: „Die Entstehung der Verführung“ von Lia Katharina Partsch.

Besucher der Festspiele Amerang erleben den Schlossherrn regelmäßig auf der Bühne, in der Regel bei der Begrüßung und Anmoderation der Konzerte. Jetzt war es Giulia von Crailsheim, die ihren Mann ankündigte und gleich zu Beginn darauf verwies, dass dieser Abend „etwas anders“ werden würde, als man es sonst hier gewohnt sei. Dass der Konzertveranstalter selbst Musik macht, und das seit seiner Jugend, wissen wahrscheinlich nur Eingeweihte. Sein Instrumentarium sind Synthesizer, Sampler, Sequenzer und Effektgeräte.

Für sein Debüt im Schloss hat Ortholf von Crailsheim mit Reinhart Knirsch (Saxofon, Keyboard und Theremin) und Wolfgang Lohmeier (Perkussion und Schlagzeug) zwei Klangkünstler und Freunde um sich vereint. In der Corona-Pause haben von Crailsheim und Knirsch gemeinsam Musik gemacht – „gegen die Langeweile“. Herausgekommen sind atmosphärisch aufgeladene Instrumentalstücke, die Titel tragen wie „Faulheit“, „Spes (hoffma hoit)“, „Leg Di Zruck“, „Da Blaue Sonntag“ oder „Lock Me Down“. Sucht man nach einem Etikett für die sphärischen Klänge, tanzenden Töne und elektronischen Beats, die den Schlossinnenhof erfüllten, so trifft es Clubmusik wahrscheinlich ganz gut. Lichtdesigner JoJo Tillmann agierte als Vierter im Bunde zum ersten Mal nicht aus dem Off, sondern direkt von der Bühne aus, wo er von flimmernden Lichtkugeln umgeben war. Er tunkte die Renaissance-Fassaden in warme Purpurtöne, in kühles Blau, leuchtendes Pink und gleißendes Weiß. Im Wechselspiel änderte sich auch die Beleuchtung in den Arkadengängen und bot so einen stimmungsvollen Gegenpart. Schillernder Höhepunkt auf der Bühne war neben einer rasanten Dudelsackeinlage von Wolfgang Raab („Der rote Vogel“) der Auftritt der Sängerin Mariana Pedroso. Von satten Elektrobeats begleitet, begeisterte die Südamerikanerin mit eigens für diesen Abend arrangierten Liedern und Arien, etwa der „Habanera“ aus Bizets Oper „Carmen“ und „Voi Che Sapete“ aus Mozarts „Le nozze di Figaro“. Ein magisches Hörerlebnis bot auch Pedrosos strahlender Vortrag von Schuberts „Ave Maria“.

Die „Nacht der Kunst“ lud zum Lustwandeln ein. Sie vereinte die schönen Künste und mündete schließlich in eine ausgelassene Tanz-Party mit DJ Chris Sportif. Eine Fortsetzung im nächsten Sommer wäre wünschenswert. Angela Pillatzki

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