Halfing/Immling – Von wegen der Himmel kann warten. Der Immlinger Himmel, mit seinen jungen und spielwütigen Talenten der Akademie Immling, der kann’s eben nicht (er)warten. Der öffnet seine Pforten für göttliche Gesänge und schmissige Musicalhits. Wie bei der Premiere des Musicals „Sister Act“ im Festspielhaus zu spüren war, ist der begabte Nachwuchs kaum zu halten und, einmal losgelassen, nicht zu (s)toppen. Nach intensiver und, wie sich zeigte, höchst fruchtbarer Probenarbeit ließen die aufgehenden Musicalsternchen von morgen in der Inszenierung von Verena von Kerssenbrock ihre himmlischen Botschaften funkeln. An den Instrumenten im Graben, unter der Leitung von Constantin Siebert, lieferte die Band der Akademie Immling gekonnt Souliges und Funkiges, aber auch Rhythmen aus Rap und Discomusic, während sich dazu, auf großer Bühne, die jungen Singtalente austobten und ihre Grenzen ausloteten – eine echte Talentschmiede, die mit ihrer Performance in Lilli Hartmanns Kostümbild Begeisterungsstürme auslöste. Das Musical „Sister Act“ mit Musik von Alan Menken basiert auf dem gleichnamigen Film mit Whoopi Goldberg. Es erzählt von der mäßig erfolgreichen, dafür umso größenwahnsinnigeren Nachtclub-Sängerin Deloris, die unfreiwillig Zeugin wird, als ihr zwielichtiger Liebhaber Curtis einen Mord begeht. Zu ihrem Schutz schickt Polizist Eddie, ein Verehrer aus Jugendtagen, von Jakob Zweckstetter mit viel Gefühl dargestellt, sie ins Kloster – ausgerechnet. Eine echte Zumutung von „Zeugenschutzprogramm“, wettert Deloris, nun als „Schwester Mary Clarence“ in Nonnentracht statt rosa High Heels: „Wer ohne Sünde ist, wird als Erster gesteinigt“, beklagt sie sich über die Klosterregeln. Strenge Erziehungsmaßnahmen oder verzweifeltes Beten helfen der entnervten Mutter Oberin rein gar nichts: Einfach köstlich, wie Johanna Ferlic als Klosterchefin leicht mal die eigene Frömmigkeit zu vergessen droht – darstellerisch wie gesanglich eine reife Leistung, wie sie die facettenreiche Figur ausfüllt. Hinter den heiligen Mauern prallen Welten aufeinander. Und es tun sich neue auf – musikalische nämlich, als sich die Fake-Nonne die Klosterchorleitung unter den Nagel reißt. Singen und Tanzen wird zum neuen Beten, das Klostergewand kommt bei den sauber einstudierten Tanzchoreos (Judith Seibert) ordentlich ins Flattern und auch der ziemlich heilige Monsignore (Martin Thalmeier) gerät in Wallung – vor Entzücken. Da werden Soli geschmettert oder Duette, es wird geschmachtet, sich tanzend oder im Flickflack widersetzt und somit ein förmlich überranntes Publikum geplättet. Ein ursprünglich fader und entsetzlich unmusikalischer Haufen Klosterschwestern – Respekt: So falsch singen muss man erst mal hinkriegen – entwickelt sich unter der Fuchtel einer falschen Nonne zum fantastisch groovenden Gospelchor – eine irre Mission, in der Fiona Kent als Schwester Mary Clarence voll aufgeht und sich mit ihrem Spiel schnell mal eine Fangemeinde aufbaut. Nicht nur auf der Bühne. Weil bekanntlich, wo Reibung herrscht, Wärme entsteht, findet zusammen, woran kaum einer geglaubt hätte: „Take me to heaven“ groovt der Chor im Sonntagmorgen-Fieber und das darf er gerne auch laut tun, denkt man sich, denn die singen alle – von „Sanktus“ über „Glorie“ bis „Sweet Lady“ – richtig (Gesangliche Leitung Lukas Gahabka). „Warum das Wort Gottes flüstern?“, so der Tenor und weil die schwesterlichen Hits gar so umwerfend sind, was auch dem Opferstock zugutekommt, bekommt sogar der Papst Wind davon und kündigt seinen Besuch an. Bei so viel eitel Sonnenschein folgt der Verdruss wie oft im Leben auf dem Fuß, denn nicht nur das Kirchenoberhaupt hat seine „Spione“. Nachtklubeigentümer Curtis, klasse dargestellt von Valentin Bodler und sein unheimlich dämliches, aber ungeheuerlich lachhaftes Gangstertrio Joey (Alina Menne), TJ (Lena Winzenburg) und Pablo (Lukas Gahabka) durchbrechen das klösterliche Idyll. Eine umwerfend rasante Inszenierung und, kein Witz: Der profimäßig singende Nonnenchor trällerte am Ende nicht nur vor dem Papst (-darsteller), sondern auch vor Kardinal Reinhard Marx, der die Bühne betrat. Letzterer war echt und somit als unerwarteter Überraschungsgast ein weiteres Sternchen am Immlinger Himmel, der mit der frohen Botschaft des „unglaublich schwesterlichen Akts“ um echte Freundschaft und Zusammenhalt um die Wette strahlte. Infos und Karten gibt’s bei der Ticket-Hotline unter Telefon 08055/90340 oder E-Mail an tickets@immling.de. Kirsten Benekam