Rosenheim – Wenn man bedenkt, dass der Jazz eine seiner Wurzeln in der Gospel-Musik hat, so war die Erlöserkirche genau der richtige Ort für die beiden grandiosen Konzerte im Rahmen des Rosenheimer Jazzfestivals.
Hitzige
Atmosphäre
Zunächst sorgte die achtköpfige Band von Harry Ahamer mit Funk, Soul und Blues für eine hitzige Atmosphäre, wobei Ahamer durchwegs eigene Songs in oberösterreichischer Mundart zu seiner virtuos und rockig gespielten Gitarre zum Besten gab. Unterstützt von Drummer Christian Lettner, Bassist Matt Baumann und Keyboarder Markus Marageter als „knusprige“ Rhythmusgruppe und der kongenialen Vokalistin Diana Jirkuff sang Ahamer über Themen aus dem Alltagsleben von Liebe („I ko ned ondas“) und Trennungsschmerz („koid“) und zollte dem berühmten Woodstock-Festival mit dem bezeichnenden Titel „1969“ Tribut.
Die mundartlichen Texte fügten sich dabei wie geschmiert in die funkigen Rhythmen, beispielsweise in Ahamers Einsatz für Toleranz: „Jeda soi so duan wia wü“.
Für den jazzig-funkigen Sound sorgten bei den meisten Stücken drei Bläser, die den Gesang mit markanten Einwürfen strukturierten oder mit Klangteppichen unterlegten. Auch sie traten solistisch hervor, Hermann Mayr mit „elefantösen“ Posaunenchorussen in dem Blues „Ka Zeid“, Trompeter Pepi Burchartz mit einem exzellenten Flügelhorn-Solo und Andreas See am Tenorsaxofon mit ekstatischen Funk-Improvisationen in der Aufforderung „I wü nua mei Ruah“.
In der heiß erklatschten Zugabe „Gib ma den Funk“ explodierte er förmlich mit bluesgeschwängertem Soundstakkato. Hocherfreut über den regen Zuspruch konnte Veranstalter Wolfgang Lentner den zweiten Teil des Jazzabends mit dem „New York Blue Note Quintet“, einer der derzeit profiliertesten Hardbop-Besetzungen, ankündigen. Trompeter Joe Magnarelli war mit dem Altsaxofonisten Dmitry Baevsky aus den USA angereist, und der ungarische Pianist Mátyás Bartha vertrat den erkrankten Oliver Kent.
Thomas Stabenow am Kontrabass und Bernd Reiter an den Drums vervollständigten das Quintett, das sich gleich mit der Eingangsnummer „Buffalo“, einem Blues von Kenny Dorham, swingend vorstellte. Magnarelli hat die Spielweise verschiedener großer Trompeter des Modern Jazz, wie etwa Clifford Brown, Lee Morgan oder Freddie Hubbard, zu einem eigenen Stil verschmolzen und improvisierte mit klarem Ton und akkurater Artikulation zupackend und energetisch, so etwa in der schnellen und akzentuierten Freddie-Hubbard-Komposition „On the Que-Tee“, wobei Baevsky unorthodoxe Linien mit Feinstruktur auf dem Altsax meisterhaft improvisierte und mit vielen Zitaten den Kenner erfreute.
Eine Überraschung war Mátyás Bartha, der oft mit einem vom Piano abgewandten Blick die Finger virtuos über die Tasten perlen ließ. Stilistisch wandlungsfähig griff er in Thelonious Monks berühmtester Ballade „Round Midnight“ dessen Spielweise auf. Hier zeigten auch die beiden Bläser ihre lyrische Seite, wobei besonders Magnarellis weicher Ton auf dem Flügelhorn beeindruckte. Das tat er auch in Dave Brubecks „In Your Own Sweet Way“, dazu kamen melodiöse Chorusse des Bassisten Thomas Stabenow und ein dramaturgisch geschickt sich herausschälendes donnerndes Schlagzeug-Solo Bernd Reiters.
Eine Zugabe
reicht nicht
Das begeisterte Publikum gab sich nach so viel meisterhaftem Jazz mit der ersten Zugabe, „Like Someone In Love“ in Chet-Baker-Manier, nicht zufrieden, so dass erst die schwebend-duftige Latin-Nummer „Ceora“ aus der Feder Lee Morgans den großartigen Abend beendete.