Von der „Morgenstimmung“ bis zu „Metal Angels“

von Redaktion

Anne Horsch beendet die Saison des Kolbermoorer Orgelmittwochs mit skandinavischer Musik

Kolbermoor – Skandinavien: Ein touristisch ergiebiger Landstrich – Nordlicht, Nordkap und so weiter. Bestens bekannt auch die rührige Klimaaktivistin oder der in Schweden verliehene Nobelpreis. Und die Musik – Fehlanzeige? Natürlich kennt alle Welt Edvard Grieg, quasi den nordischen Dvorak, zumindest was die Breitenwirkung seiner Beliebtheit betrifft. Anne Horsch, die international wirkende Organistin aus Altomünster hatte für den letzten Kolbermoorer Orgelmittwoch der Saison ausschließlich skandinavische Komponisten im Gepäck, deren Namen hierzulande nicht nur unbekannt, sondern auch sperrig auszusprechen sind. Aber selbstverständlich, Edvard Grieg durfte nicht fehlen. Er fügte sich harmonisch in die Reihe seiner viel später geborenen Kollegen Erland Hildén, Gunnar Idenstam und John Christian Fjellestad. Ein interessantes, packendes, ja prickelndes und ebenso ansprechendes wie klug ausgewähltes Programm, welches die zahlreichen Zuhörer mit Neugier und Offenheit genossen. Von Grieg gab es zwei Transkriptionen aus der Peer-Gynt-Suite (Morgenstimmung und Anitras Tanz). Frappierend die große Annäherung der Registrierung an den orchestralen Originalklang.

Übrigens, das sei hier gleich vorweggenommen, gelang Anne Horsch ein fulminanter Rausschmeißer als Zugabe: Griegs „In der Halle des Bergkönigs“. Die Kirche tobte. Beeindruckend zu Beginn die „B-A-C-H Messe“ des 60-jährigen Erland Hildén. Intensiv bohrend das „Kyrie“, das lobpreisende „Gloria“ von ernster Heiterkeit, „Sanctus“ und „Agnus Dei“ zum Teil mystisch-minimalistisch, doch von leuchtender, dunkel getönter Farbigkeit. Ein spirituelles Hörerlebnis, gerade weil Hildén allen gängigen kirchenmusikalischen Klischees weiträumig aus dem Weg ging. Anne Horsch beschloss ihr Programm mit der „Toccata“ von Fjellestad, einem für Komponisten noch „jungen“ Vierziger. Bewusst angelehnt an die französische Tradition erfreute die Hörer eine farbig fließende, spannende Musik, die sich zu großer Emphase steigerte.

Den Vogel aber (wenn man das hier so salopp sagen darf) schoss der 1961 geborene Gunnar Idenstam ab: Die „Introduction“ aus der Suite „Metal Angels“ bricht über uns wie ein gewaltiges Naturereignis. Der Titel lässt an „Heavy Metal“ denken, und das ist gewollt. Der Komponist, der laut Anne Horsch sowohl im Frack als auch in zerrissener Jeans auftritt (auch winters in den eiskalten See hüpft), schielt nicht nach plakativen Anleihen aus populärer Musik, sondern verschmilzt die Rock-Elemente mit seiner persönlichen impulsiv-expressiven Tonsprache. Die gewaltige Schlusssteigerung im tosenden Tutti riss das Publikum spontan zu Beifall hin. Wann schon passiert einem zeitgenössischen Tonsetzer solche Ehre. Hinterher lud Gerhard Franke, der unermüdliche Organisator nicht nur des Orgelmittwochs, zu einem kühlen Glas Sekt auf dem lauschigen Vorplatz der Kirche Wiederkunft Christi ein. Oder brachten etwa die skandinavischen Orgelklänge schon die versprochene Abkühlung? Ungekühlt blieb jedenfalls die Begeisterung für Konzert und die souveräne Organistin Anne Horsch.Walther Prokop

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