Traunstein – Der französisch-spanische Ausnahmegitarrist Thibaut Garcia hat am vorletzten Konzertabend der Traunsteiner Sommerkonzerte im sehr gut besuchten Kulturforum Klosterkirche Traunstein gleich mehrere musikalische Ausrufezeichen gesetzt und seine Zuhörer nicht nur mit seiner Virtuosität und Genialität, sondern auch mit seiner sympathischen Art begeistert.
Immer wieder durfte sich der erste Preisträger des prestigeträchtigen Wettbewerbs der Guitar Foundation of America in den USA im Jahr 2015, BBC New Generation Artist von 2017 bis 2019 und mit dem „Révélation Instrumentale“-Preis der Victoires de la Musique Classique 2019 ausgezeichnete Profimusiker an diesem klangvollen Abend zu Recht im Applaus sonnen. Auch Bravo-Rufe schallten ein ums andere Mal durch die Klosterkirche.
Der vielversprechende Auftakt gelang dem 1994 in Toulouse geborenen Garcia mit der „Grande Ouverture op. 61“ des italienischen Komponisten und Gitarrenvirtuosen Mauro Giulliani. Dass es ihm der südamerikanische Gitarrenvirtuose Agustín Barrios Mangoré in besonderer Weise angetan hat, erkannte man zum einen an der Stückauswahl, zum anderen an der Art und Weise, wie Garcia mit funkelnden Augen voller Bewunderung und Hochachtung über sein großes musikalisches Vorbild sprach. Der aus Paraguay stammende Barrios hatte sich einst durch die einmalige Verbindung europäischer Kunstmusik mit südamerikanischer Folklore profiliert.
Ebenso war er als Arrangeur klassischer Werke für Gitarre aufgetreten und hat neben Werken von Johannes Sebastian Bach unter anderem auch Ludwig van Beethovens weltbekanntes op. 27 Nr. 2, besser bekannt als „Mondscheinsonate“ (für Klavier), für Gitarre bearbeitet und ihr dabei eine gänzlich neue Klangfarbe verliehen. Natürlich gab Garcia sie auch bei seinem ersten Traunstein-Gastspiel zum Besten. Wie dieser auf Englisch verriet, habe sich Barrios Interesse und Faszination für die indianische Kultur in den späten 1920er-Jahren so stark vertieft, dass er sogar seine Identität geändert habe. So sei er fortan unter dem Namen eines Guaranihäuptlings „Mangoré“ und mit seinem Vornamen rückwärts gelesen als „Nitsuga Mangoré, der Paganini auf der Gitarre aus dem Urwald“ aufgetreten.
Circa 300 Kompositionen sind, so schätzt man, der Feder von Barrios Mangoré entsprungen, aber nur 105 von ihnen sind auch bekannt. Mit „Mazurka Appassionata“, „Una Limosna por el Amor de Dios“, „Vals op. 8 no. 4“, „Chôro da saudade“, „Danza Paraguaya, „Julia Florida“, „Maxixe“, „Las Abejas“ und „La Catedral“ bekamen die Konzertbesucher gleich einige seiner zeitlosen Meisterwerke zu hören.
Auch das Prélude op. 28 no. 4 des polnischen Komponisten und Pianisten Frédéric Chopin, dessen Vater Franzose war, durfte an diesem klangvollen Abend nicht fehlen. Nach dem offiziellen Konzertteil hatte sich der Endzwanziger Garcia, der trotz seines jungen Alters schon seit Jahren weltweit in den bedeutendsten Konzertsälen auftritt und Gast renommierter Festivals ist, freundlich lächelnd von der Bühne verabschiedet, wurde aber vom begeisternden Publikum umgehend mit lautem und anhaltendem Applaus zurückgeholt. Auch nach der ersten Zugabe, einem mitreißenden Tango, wollte noch niemand nach Hause gehen. Garcia ging es zum Glück genauso. Die Besucher dankten es ihm, aber auch der Großen Kreisstadt Traunstein als Veranstalter der diesjährigen „Erde“-Sommerkonzerte und dem musikalischen Leiter Maximilian Hornung, der ein ganz feines Händchen bei der Auswahl der Künstler hatte. Markus Müller