Erl – Über der Bühne des großen Passionsspielhauses in Erl hängt das blau-gelbe Erler Dornenkronen-Wappen zwischen den weißblauen bayerischen Rauten und dem Tiroler Adler. Darunter füllen sieben Volksmusikgruppen mit insgesamt 35 Musikanten und Musikantinnen aus Bayern und Tirol die Bühne und über tausend Zuhörer den Saal mit der so guten Akustik, dass nur der Sprecher Siegi Götze aus Marquartstein ein Mikrofon benutzen muss. „G’schicht’n, G’spiel und G’sang“ war das Motto für diesen fast dreistündigen Abend.
Gefühlvolle Trompeten
Als „Hausherr“ begrüßte und verabschiedete die siebenköpfige Erler Tanzlmusi die Zuhörer mit wirklich flotter Tanzlmusi, in der vor allem die gefühlvollen Trompeten dominierten, zusammen mit der sehr beweglichen Tuba und der bisweilen aufrauschenden Harfe. Neben ihnen saßen die Musikanten von drenter dem Inn, die Kirnstoaner Tanzlmusi mit ihren fröhlich lachenden zwei Klarinetten. Mit strahlendweichen und herzerwärmenden Weisen brachten die Zillertaler Weisenbläser mit ganz sauber gespielten Akkorden und geblasenen langsamen Jodlern eine getragen-feierliche Note in den Konzertablauf.
Die drei jungen Frauen von „Jung und Frisch“ aus Tirol mit Geige, Ziach und Harfe spielten, wie sie hießen: lebfrisch und tanzlustig, sehr gut aufeinander eingespielt und richtig aus dem Körper heraus. Sie hatten auch einen selbst komponierten „Walzer für uns“ im Programm. Die vierköpfige Familienmusik Auer aus dem Inntal machte die Zuhörerbeine zucken mit einer schneidigen Polka, ihre Musik ist geprägt von den zwei Männern mit der
Ziach, von der Gitarre und besonders vom Kontrabass, der deutlich den schwingenden Rhythmus markierte. Einmal verwendeten sie auch den scharfen Klang der Okarina, die durch den ganzen Saal tönte. An der Weinberg Zithermusi, deren Mitglieder aus den Landkreisen Bad Aibling und Ebersberg kommen und schon eine Ewigkeit zusammenspielen, lobte Siegi Götze das „temperierte Tempo“, das aber auch durchaus temperamentvoll wurde im „Schützenkönig-Marsch“. Mit ihren Kerschensteiner Zithern, die Klavierböden als Klangverstärker verwenden, wetteiferten sie mit feinem Fingerspiel um kräftigen Wohlklang und produzierten Saitenspiel vom Feinsten.
Kernige Tiroler Mander sind die vier „Stommtischsänger“ aus Brandenberg im Tiroler Inntal. Mit Jodlern, die sich in Wiederholungen in die Höhe schraubten, und einem Sänger mit ganz hohem, hellen Tenor brachten sie die Zuhörer zum Schmunzeln und Lachen. Sie sangen vom endenden Sommer („Da Summer is aussi“) und deswegen von Abschiedswehmut („Auf der Alm werds staad“) und von der Liab („‘s Dirndl is wundaschee“). Von der Liebe sang auch der Afelder Dreigsang aus Wildschönau, ganz fein, lieb und innig, aber auch heiter und dann geradezu lebensphilosophisch („Ehrlicher Rat“). Ihr Motto verriet Siegi Götze, das auch für diesen Abend stehen könnte: „‘S Viech treibt ma mitm Stecka zsamm, d’Leit mit der Musi!“
Kurzweilige Moderationen
Die Verserl, G’schichtn und Vorstellungen der Musikanten hielt Siegi Götze erfreulich kurzweilig, schaffte es auch, Geschichten vom Sterben einzubauen, die dennoch heiter waren, und lieferte selber noch ein mögliches Abend-Motto, indem er ein Verserl zitierte, das besagt, „die Musikanten werd’n ‚s Himmireich erb’n“, denn: „Fürn Teifi sans z’leicht und fürs Höllenfeuer z’feicht“.
Als die Zuhörer aus dem Passionsspielhaus hinaus in die Sternennacht traten, spielten die Zillertaler Weisenbläser sie noch mit weit in die Berge klingenden Weisen heim.