Klassischer Swing und Modern Jazz auf hohem Niveau

von Redaktion

Weltklasse-Saxofonist Scott Hamilton begeistert im „Le Pirate“ zusammen mit seinen Mitmusikern

Rosenheim – Der Jazz-Club „Le Pirate“, der heuer sein 50-jähriges Bestehen feiert, startete seine Konzertreihe nach der Sommerpause mit Scott Hamilton, dem wohl bedeutendsten Swing-Saxofonisten der Gegenwart. Zusammen mit dem Pianisten Bernhard Pichl, dem Bassisten Rudi Engel und dem Schlagzeuger Michael Keul war ein Quartett zu hören. Seit Jahren traten sie in dieser Besetzung – früher noch mit dem vor einem halben Jahr verstorbene Weltklasse-Trompeter Dusko Goykovich – wiederholt im Le Pirate gewissermaßen als Hausband der Superlative auf.

Hamilton, der schon als 18-Jähriger bei Benny Goodman und später mit vielen Jazzgrößen wie Clark Terry oder Woody Herman gespielt hat, überzeugte auf seinem Tenor wieder mit Virtuosität, Einfallsreichtum und geschmackvoller Klangästhetik. Seine Mitstreiter swingten sowohl im Zusammenspiel als auch solistisch auf hohem Niveau. Schon der Auftakt „Three Coins in the Fountain“ erzeugte eine entspannte und wohlige Atmosphäre, die bis zum Schluss anhielt.

Vom duftig gehauchten Sound à la Ben Webster, wie in der Ballade „In the wee small Hours“, über elegant phrasierte Motive nach Art Hank Mobleys in mittleren Tempi bis zu ekstatischen Eruptionen in „Grooveyard“ reichte Hamiltons breites Ausdrucksspektrum. Hierbei lieferte er sich immer wieder vier- und achttaktige Dialoge, sogenannte Chase-Chorusse, mit seinen Mitmusikern.

Bernhard Pichl lieferte mit seinen akzentuierten Einwürfen eine spannungsgeladene Begleitung. Er zauberte in seinen Improvisationen mit kristallinem Anschlag, feingliedrigen Linien, aber auch mit „dampfenden“ Blockakkorden. Dazu kamen die groovenden Walking-Bass-Linien Rudi Engels, der auch solistisch überzeugte und in dem Blues „The Plain but the simple Truth“ unisono mit dem Saxofon das Thema vorstellte.

Das stets swingende rhythmische Fundament lieferte Michael Keul, mal mit dezenter Besenarbeit, mal energetisch zupackend mit den Sticks oder auch mit den Mallets, auch Schlägeln genannt, in „Poinciana“, das er mit einem sanften Bolero-Groove unterlegte. In der im Höllentempo dargebotenen Nummer „Fine and Dandy“ heizte er mit einem überragenden Solo anfangs an den Besen, zuletzt mit einem zischenden Becken-Groove richtig ein.

Das von Scott Hamilton oft spontan zusammengestellte Programm hatte einige Schmankerl zu bieten. So swingte der Tenorist gefühlvoll in „L-O-V-E“ von Bert Kaempfert, einem Song, der 1965 durch Nat King Cole bekannt geworden war. Saxofon und Piano gestalteten abwechselnd das Thema des bekannten Standards „Sweet Georgia Brown“. Aus der Fülle des Repertoires von Antonio Carlos Jobim hatte man den eher selten gespielten langsamen Bossa Nova „Anos Dourades“ ausgewählt.

Als offizielle Schlussnummer erklang in swingender Unbekümmertheit „Lady Luck“ von Hank Jones, in den ersten Takten an „It’s only a Papermoon“ erinnernd. Als Zugabe gab es „In the Street where You Live“ aus dem Musical „My Fair Lady“. Richard Prechtl

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