Wenn Bäume zu Ermutigern werden

von Redaktion

Städtische Galerie präsentiert die Ausstellung „Verzweigt“ aus der Sammlung SpallArt

Rosenheim – „Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume“, so dichtete Günter Eich. Baumriesen und zarte Pflänzchen, Birkenwälder und knorrige Rindendetails – in vielen faszinierenden Bildern haben Fotografen Aspekte von Bäumen festgehalten, ob als Einzelobjekt oder im Ensemble als Baumgruppe oder als Wald. Die Kunstsammlerin Andra Spallart ermöglichte nun mit ihren Leihgaben eine besondere Ausstellung in der Städtischen Galerie Rosenheim. Bereits 2018 gab es eine Zusammenarbeit mit der Ausstellung „Menschenskinder“, im damaligen Fokus standen Personen. Nun also Bäume: aus der Sammlung SpallArt zeigt die Galerie ein breites Spektrum von Fotografien. Präsentiert werden Aufnahmen aus der Frühzeit der Fotografie Mitte des 19. Jahrhunderts, es gibt Arbeiten unter anderem von Pablo Picasso, Mario Giacomelli und Martin Kippenberger zu sehen, ebenso wie von namhaften zeitgenössischen Fotografen wie Thomas Struth. Die Fotografien zeigen vielfältige Erscheinungsformen von Bäumen.

Spezielle
Fotopapiere

Da stehen mächtige Einzelbäume in einem nordamerikanischen Nationalpark, fragil und poetisch verletzlich anmutend eine Baumreihe am Ufer der Seine in Paris. Undurchdringliches Dickicht ist ebenso zu sehen wie Eingriffe des Menschen in künstlich zurechtgetrimmten Gärten. Der Rundgang vermittelt gleichermaßen auch eine Zeitreise durch die Fotografiegeschichte. Im Eingangsbereich kann man mittels 3D-Brillen optische Raumwirkung einer Großfotografie erleben, dann entführen die Kuratoren Elisabeth Rechenauer und Christoph Fuchs in die Anfänge der Fotografie. In Saal 2 wird eine Neuerwerbung der Sammlung SpallArt gezeigt, es ist ein Musterbuch von William Dassonville aus den 1920er-Jahren. Dassonville schuf als Chemiker auch spezielle Fotopapiere, einer seiner berühmtesten Kunden war Ansel Adams. Unter dem Motto „Schattenspiel“ steht der folgende Saal. Eine Aufnahme von Fritz Simak, „Schönbrunn-Mauer bei Nacht“ (Wie 2010) fasziniert durch Kontraste und innere Komposition. Die spektakulärsten Baumporträts findet man im Saal „Yosemite“. 1861 zog der Fotograf Carleton Eugene Watkins durch das Areal. Seine Fotografien wie der ausgestellte „Trunk of the Grizzley Giant“ hatten umweltpolitischen Einfluss, denn sie waren die Basis für den späteren Schutzstatus von Yosemite. Die Bilder von Ansel Adams sind legendär, sie gibt es in Fotokunstbänden und als Drucke im Handel. Gerade durch die Wiedergabe in Schwarzweiß treten Konturen hervor, die Landschaft wirkt plastisch und einfach wunderbar. Der menschengemachte Klimawandel spiegelt sich in der Ausstellung wider in den Folgen nach dem „Kyrill“-Sturm, wie abgebrochene Streichhölzer wirken die Baumstümpfe im Rest des Waldes, der aussieht wie ein Mikado-Spiel. Bäume in der Stadt, eingefangen von Josef Sudek („Frühling in Prag 1965“) schlagen die Brücke zur Stadtplanung, und ein eigener Bereich ist den „Details“ von Bäumen gewidmet. Die in Wien arbeitende Fotografin Angela Krinzinger hat Knorrigkeit und Farbe von Rinde eingefangen. Die Moorbirke als „Baum des Jahres 2023“ lässt im letzten Saal grüßen, Josef Hoflehner hat in Japan einen filigranen Birkenwald vor die Kamera bekommen, sein „Birch Forest“ ist eines von vielen Highlights in der faszinierenden Ausstellung. Die Stadt Rosenheim stand ab 2013 massiv in der Kritik angesichts der Baumfällungen am Bahnhofsvorplatz. Es ist löblich, dass die Städtische Galerie aus der Kunst heraus nun Impulse zum Thema setzt.

Kooperation mit
der Volkshochschule

Elisabeth Rechenauer wies in ihrer Einführung auf die Funktion der „grünen Lunge“ und auf die Kühlfunktion von Bäumen im überhitzten Stadtraum hin. Die Ausstellung „Verzweigt“ kooperiert zusätzlich im Verbund mit der Volkshochschule. Unter dem Leitmotiv „Räume für Bäume“ gibt es ein reichhaltiges Herbstprojekt zum Thema Nachhaltigkeit mit vielen Einzelveranstaltungen. Rose Ausländer dichtete „Manchmal spricht ein Baum durch das Fenster mir Mut zu“, der Galerie ist eine aus der Historie heraus zukunftsweisende Ausstellung gelungen.

Öffnung der Ausstellung von Dienstag bis Sonntag je von 13 bis 17 Uhr, am 3. Oktober ebenfalls von 13 bis 17 Uhr.

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