Bad Aibling – Ein Konzertbesuch kann neben Genüssen für Ohr und Seele bekanntermaßen auch Lehrreiches für den Geist bereithalten. So war es auch beim Klavierabend, den die turkmenischstämmige Pianistin Amangul Klychmuradova im Saal des Novalishauses Bad Aibling bestritt.
Beim Blick auf das Programm des Konzertes, das im Rahmen des Maxlrainer Kultursommers stattfand, fiel die Vielzahl an Werken von Johannes Brahms auf, meist entweder mit „Capriccio“ oder „Intermezzo“ bezeichnet. So wurden die ersten beiden Capricci aus den Klavierstücken op. 76, das eine anfangs kraftvoll und schwermütig, später sehnsüchtig, das andere tänzerisch-fröhlich, gespielt. Ein weiteres „launisches“ Capriccio und schließlich das Intermezzo E-Dur aus den Fantasien op. 116, Brahms‘ letzter Schaffensperiode zuzuordnen, bildeten den passenden Abschluss des ersten Teils.
Im durchdachten Ablauf folgte nun die Romanze Nr. 3 in g-Moll, op. 21 von Clara Schumann, in die der jüngere Brahms seinerzeit recht verliebt war, und die bekanntlich eine ebenso exzellente Pianistin wie Komponistin war. Brahms‘ „Retourkutsche“ folgte auf den Fuß: Drei abwechslungsreiche Werke aus den Klavierstücken op. 118, die wiederum Clara Schumann gewidmet waren. Das zärtliche Intermezzo Nr. 2 und das von einem zwielichtigen Dreitonmotiv geprägte Intermezzo Nr. 6 rahmten die Ballade in g-Moll ein.
Klychmuradova interpretierte ausdrucksstark, doch nicht übertrieben pathetisch, angenehm unkompliziert, aber auch nicht zu puristisch, ihr Spiel wirkte wie aus einem Guss. Mit der ruhig fließenden Nocturne aus den „Soirees Musicals op.6“ von Clara Schumann leitete sie sehr passend zum Schlussteil des Konzertes über, wiederum drei Intermezzi aus Brahms` letzter Komposition für Klavier solo, seinem Opus 119. Auch hier gelang der Wechsel zwischen den Stimmungen, von leicht und durchscheinend bis heiter und fröhlich, sehr gut. Den Epilog des Konzertes bildete dann eine zeitgenössische Komposition, das „Intermezzo in Memory of Brahms“ des russischen Komponisten Sergei Slonimski, der vor drei Jahren verstorben ist und dem Meister ein sehr energisches Denkmal gesetzt hat. Klychmuradova, der man für ihr großartiges Spiel und ihr kluges Programm einen volleren Saal vergönnt hätte, belohnte den freudigen Applaus der Zuschauer noch mit einer Zugabe. Leonhard Sedlbauer