Vom Alter und von der Liebe im „Paradies“

von Redaktion

Theater Ecce mit Theaterstück von Emmanuel Robert-Espalieu zu Gast in der Rimstinger Werkstatt

Rimsting – Eine Theke, eine Leuchtreklame mit dem plakativen Namen Paradies und zwei Menschen – mehr braucht „Paradies“ nicht. Gespreizte Beine und „ich bin so open“: Wer bei diesen Eingangsworten der älteren Finy (grandios Daniela Enzi) an den sehr viel jüngeren Emil (hervorragend Alexander Lughofer) denkt, dass dies nun ein plumpes Stück werden wird, liegt falsch. Sehr falsch sogar. Natürlich geht es um die Liebe, um das Verlangen, aber auch um das Älterwerden und um die Gesellschaft.

Dürfen ältere Menschen sich nicht noch einmal neu verlieben, heiraten oder gar Sex haben? Das französische Theaterstück „Paradies“ von Emmanuel Robert-Espalieu rührt an einem Tabu unserer Gesellschaft. Es ist gleichzeitig eine berührende Geschichte über die Annäherung zweier Menschen, deren Leben nicht unterschiedlicher sein könnte. Wunderbar, wie die beiden Schauspieler auf der Bühne in der Rimstinger Werkstatt miteinander agieren. Herrlich, wie sprachlich präzise und illustrativ über Verlangen, Wünsche, Sehnsüchte und das Leben im Alter philosophiert wird.

Im ersten Moment lacht man, und ist dann doch ob so mancher Gedanken verlegen. Etwa, wenn sie vom „typischen Duft der Alten: saure Milch, Maiglöckchen, Mottenkugeln“ spricht. Oder wenn die Direktorin im Altersheim dem alten unverheirateten Paar ein gemeinsames Zimmer verbietet, dabei „wollen wir doch nur beim Einschlafen Händchen halten“.

Er reagiert auf ihre Annäherungsversuche verschämt, verklemmt, weiß nicht, wie er auf ihre Fragen reagieren soll: „Was findest du ‚ungewöhnlich‘? Dass ich von Sex rede? Findest du es ‚unziemlich‘, ‚unangebracht‘ für eine Oma? Ich kann dich beruhigen, ich backe auch Kuchen, lege Patiencen und schaue den Bergdoktor an. Ja! Jetzt fühlst du dich wohler, oder?“ Schön, wenn das ungleiche Paar tanzt. Und selbst dabei fällt auf, wie die Generationen miteinander verkehren. Sie duzt ihn, er bleibt bis zuletzt beim „Sie“: „Entschuldigen Sie, ich bin kein guter Tänzer.“

Das Spiel der beiden dreht sich aber nicht nur um sie selbst, um ihre Geschichte, sondern wechselt auch die Perspektiven. Etwa, wenn er die Rolle seiner Großmutter Hedi einnimmt. Warum darf sie im Alter nicht noch einmal eine neue Beziehung eingehen?

Ein amüsanter, ein augenöffnender, ein nachdenklich stimmender Abend. Ein großer Dank an das Ensemble von Theater Ecce aus Salzburg, das auf Einladung des Vereins Bühnenkunst-Förderer in einer Uraufführung und deutschsprachigen Erstaufführung (übersetzt von Nathalie Rouanet) dem Rimstinger Publikum „Paradies“ darbot.

Der Priener Verein kann auf zehn erfolgreiche Jahre zurückblicken und beglückte zum Jubiläum sein Publikum an drei Tagen mit transalpinen Chansons (Georg Clementi und Osby Parzelle), mit dem Figurentheater Hattenkofer und eben mit „Paradies“. Für 2024 hat sich der Verein wieder viel vorgenommen. Den 11. Mai sollte man sich schon mal vormerken. Dann steht „Kunst“ von Yasmina Reza im Künstlerhof Zahn am Bach in Prien auf dem Programm. Und im September erwartet die Zuschauer „das Klangbuch“.Elisabeth Kirchner

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